Inkompatible Bildraten zwischen verschiedenen Kameras

Möchte man Video produzieren, muss man sich über die Auflösung und Bildrate Gedanken machen. Das eine sind Gedanken bezüglich der Aufnahme. Zum Beispiel haben wir in Deutschland eine Netzfrequenz von 50 Hz, sodass Glühlampen mit dieser Frequenz flackern. Nimmt man hier mit 60 Bildern/Sekunde auf, erhält man eine Schwebung. Andererseits muss man aber auch genug Bildrate haben, damit es für das Ziel sinnvoll ist. Computermonitore haben 60 Hz. Mein Fernseher (Samsung GU43TU8079) hat 60 Hz. Somit erscheint mir eine Produktion in 60 Hz eigentlich am sinnvollsten.

Nur unterstützten das nicht alle meine Geräte. Die Canon-Kamera und das Samsung-Handy unterstützten diese Modi:

Gerät Brennweite Auflösung Bildrate Ton
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1280×720 50 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1280×720 59,94 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1920×1080 23,98 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1920×1080 25 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1920×1080 29,97 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1920×1080 50 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1920×1080 59,94 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1920×1080 100 Nein
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 1920×1080 119,9 Nein
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 3840×2160 23,98 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 3840×2160 25 Ja
Canon PowerShot G5 X Mark II 24 – 120 mm 3840×2160 29,97 Ja
Samsung Galaxy A33 26 mm 1280×720 30 Ja
Samsung Galaxy A33 26 mm 1920×1080 30 Ja
Samsung Galaxy A33 26 mm 1920×1080 60 Ja
Samsung Galaxy A33 26 mm 3840×2160 30 Ja
Samsung Galaxy A33 13 mm 1280×720 30 Ja
Samsung Galaxy A33 13 mm 1920×1080 30 Ja

Das ist echt absolutes Chaos. Die Auflösungen sind mit HD, FullHD und UHD (4k) immerhin relativ standardisiert, wobei man da auch aufpassen muss. »4k« bezeichnet halt irgendwas »um 4000 Pixeln Breite«. Immerhin sind sich hier die beiden Kameras, mein Computermonitor und mein Fernseher einig, was FullHD und 4k sind.

Bei den Bildraten haben wir aber den kompletten historischen Ballast von PAL, NTSC und Kino in der Canon-Kamera. Das Fernsehen in Europa ist mit PAL an die Netzfrequenz von 50 Hz gekoppelt. Damals hatte man Halbbilder mit 50 Hz, das konnte man mit etwas Gewalt auch als 25 Hz Vollbilder darstellen. Die neueren Kameras können mehr Datenraten, daher habe ich jetzt 25 und 50 Hz zur Auswahl. In der Zeitlupe geht das doppelte davon, also 100 Hz. Die Kamera kann allerdings auch die NTSC-Standards. In den USA ist die Netzfrequenz 60 Hz, sie haben sich dann allerdings nicht exakt an diese für das Fernsehen gehalten. Diese haben dann 29,97 Hz Vollbilder, die früher auch als 59,94 Hz in Halbbildern ausgestahlt und angezeigt worden sind.

Egal wie man das konvertieren muss, ist es mühsam, weil es keine glatten Faktoren sind. Selbst zwischen 50 und 60 Hz ist es doof, man muss fünf Bilder auf sechs Zeiten strecken, oder anders herum. Da muss man dann Bilder verdoppeln oder weglassen. Die genauen Zeiten der Bilder passen allerdings nicht mehr. Schaut man sich die verschiedenen Zeitpunkte einmal als Strichreihe an, sieht man das Problem:

Ich kann jetzt also mit der Canon-Kamera in 50 Hz oder 59,94 Hz filmen und dann in diesen Bildraten das ganze exportieren. Auf einem Computermonitor wird es nicht perfekt aussehen. Mit dem Handy kann ich nur 30 oder 60 Hz filmen und entsprechend auch exportieren. Das wird auf Computermonitoren gut dann perfekt passen. Wenn ich im nativen Format der Kamera bleibe, dann verschiebe ich das Problem auf das Anzeigegerät. Das wird schon wissen, was damit zu machen ist. Viele Fernseher unterstützen auch 100 oder 120 Hz und interpolieren mit Bewegungserkennung dazwischen.

Das Problem fängt aber dann an, wenn ich ein Gemisch aus beiden Kameras machen will. Die Canon-Kamera hat mit 26 mm Brennweite für den Straßenverkehr zu wenig Blickwinkel. Die Handykamera mit 13 mm hat da mehr Überblick, das entspricht mehr dem menschlichen Sehen im Straßenverkehr. Und diese Hilfskamera kann nur 30 Hz. Sollte ich dazwischen noch Sprechszenen von mir im Arbeitszimmer einfügen wollen, so wie es City Nerd macht, würde ich aber lieber die Canon-Kamera auf einem Stativ nehmen. Das sieht einfach deutlich besser aus als die Kamera vom Handy. Und dann muss ich mir überlegen, welche Bildrate das Ergebnis haben will und wie ich da filmen mag.

Insgesamt nervt mich das alles schon bevor ich das erste Video einmal ausprobiert habe. Und die Canon PowerShot G7 X Mark III wird explizit als Video-Blogging-Kamera vermarktet und hat die gleichen Bildraten wie meine G5. Ich verstehe das nicht ganz. Von YouTubern findet man zum Beispiel diesen Artikel der 30 oder 60 Hz empfiehlt. Somit scheint das 25/50 Hz von PAL inzwischen komplett obsolet zu sein. Warum bietet die Kamera dann nur Bildraten an, die sich an analogen Röhrenfernsehern orientieren und bietet keine Bildrate für moderne Flachbildschirme an?

Wenn ich in 59,94 Hz filme, könnte ich das auch auf 60 Hz strecken ohne die Bilder anzupassen. Ich müsste die Video- und Tongeschwindigkeit um 1 ‰ strecken, was man nicht merklich sehen oder hören sollte. Dann passen 59,94 Hz und 30 Hz in der Eingabe zu einer Ausgabe von 60 Hz zusammen. Die Bildrate der Handyvideos muss um einen Faktor 2 gestreckt werden, das geht. Oder ich nehme in 50 Hz auf und exportiere alles nach 30 Hz, was dann aber wohl irgendwie merkwürdig aussieht.

Das habe ich dann einmal ausprobiert und dann in allen drei Modi einmal ein Video aufgenommen: Canon mit 59,94 Hz, Handy mit 60 Hz und Handy mit 30 Hz. In ShotCut habe ich dann ein Projekt mit 1080p bei 60 Hz angelegt:

Den Clip mit 59,94 Hz konnte ich einfach so importieren, das fand ich schon merkwürdig. Dann bekam ich aber ein Problem beim Import vom 60 Hz Video des Handys. Das nutzt wohl eine variable Bildrate, was auch immer das genau bedeutet. Das nimmt einfach irgendwie die Bilder auf, versieht sie mit einem Zeitstempel und das Wiedergabegerät muss sich dann überlegen, wie es damit umgeht?

Beim Konvertieren kann man auch erzwingen, dass die Bildrate überschrieben wird. Das erscheint mir die sinnvollste Option zu sein, schließlich sollen es ja angeblich 60 Hz sein.

Das exportierte Video hat jetzt 60 Hz, allerdings weiß ich nicht, wie ShotCut das jetzt konvertiert hatte.

Ich habe dann auch noch einmal Kdenlive ausprobiert, weil ich das früher genutzt hatte. Dort habe ich dann als Profil auch 60 Hz eingestellt. Beim Importieren der Clips beschwerte es sich bei den Handyvideos, dass es eine dynamische Bitrate hat:

Beim Konvertieren konnte ich aber nur weniger Optionen einstellen als ich bei ShotCut hatte:

Es wurde also einfach in die effektive Bildrate konvertiert. Und da hatte das Handyvideo mit nominal 60 Hz dann nur noch 58 Hz, sodass das nicht mehr in das Projekt passte:

Hätte ich das aber umgestellt, dann hätte der Rest nicht mehr gepasst. Und so hatte ich dann einen wilden Mix im Projekt, scheint mir anhand der Dateinamen:

Der VLC-Player bescheinigt dem Video mit »58fps« im Dateinamen allerdings 60 Hz. Ich verstehe es nicht. Das Video von der Kamera mit 59,94 Hz wurde klaglos angenommen. Wie genau das jetzt konvertiert wird, ist mir auch nicht klar.

Nun könnte ich es einfach ein bisschen ignorieren. Die Videos sollen über Soziale Medien ausgespielt werden, da ist mein Anspruch nicht so hoch. Wenn ich jetzt mit 59,94 Hz auf der Kamera und 60 oder 30 Hz auf dem Handy filme, passt es ja so irgendwie zusammen. Wäre da nicht eine weitere Komplikation: Das Stromnetz, das meine Lampen betreibt. Das ist in Deutschland nämlich mit 50 Hz. Wenn ich mit 59,94 Hz meine LED-Deckenlampe filme, dann sieht das symbolisch so aus:

Das wird man dann auch bei allem sehen, was ich damit beleuchten würde. Ich brauche dann also Batterielichter oder kann nur bei Sonnenlicht aufnehmen. Bei 50 Hz Bildwiederholrate habe ich das Problem dann so nicht.

Dieses Problem wird man nie beseitigen können. In Nordamerika werden 60 Hz Netzfrequenz genutzt, in Europa 50 Hz. Und weil wir jetzt aber aber nur noch eine Sorte Flachbildschirme mit 60 Hz nutzen, wird das in Europa entweder von der Bildrate her nicht zum Bildschirm oder zur Beleuchtung passen. Die Beleuchtung kann man durch eine spezielle mit Gleichstrom ersetzen, sodass dann 60 Hz wirklich langfristig wohl der Standard werden wird. Bis dahin wird aber noch ziemlich furchtbar bleiben.