Hochhaussiedlung in Meschenich

In Köln-Meschenich gibt es eine ziemlich große Hochhaussiedlung. Das größte Gebäude hat vielleicht 25 Stockwerke, und auf jeder vielleicht 9 bis 20 Wohneinheiten. Dann gibt es noch kleinere Häuser, die über weniger Wohneinheiten verfügen.

Ich finde diesen Ort faszinierend, und zwar auf eine komplexe Weise. Damit bin ich anscheinend nicht alleine, die Hochhaussiedlung hat sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel. In dem Artikel finden wir die korrekten Zahlen: 1.318 Wohneinheiten und ungefähr 4.100 Bewohner*innen. Würde man die Wohneinheiten in Einfamilienhäuser mit je 500 m² Grundstück anlegen, dann wäre man (ohne Zufahrtsstraßen) bei 0,659 km² Fläche. Das entspricht einer Dichte von 6200 Einwohner/km². Durch die Zufahrtsstraßen kann man wahrscheinlich nochmal 30 % abziehen, und ist dann so bei vielleicht 4000 Einwohner/km². Das ganze Areal dort hat aber großzügig gemessen nur 200 m × 300 m, also 0.06 km². Das macht eine Bevölkerungsdichte von 68000 Einwohner/km², über eine ganze Größenordnung mehr.

Dichte kann großartig sein. Denn wo viele Menschen wohnen, können sich Geschäfte halten. In einer dünn besiedelten Region lohnt sich kein Bäcker. In Fußreichweite sind zu wenige Kund*innen. Die Leute müssten lange Strecken zurücklegen, und setzen sich dann ins Auto. Und wenn sie schon einmal im Auto sitzen, dann legen sie noch größere Strecken zurück. Manchmal kann ich sein ein Bäcker halten, aber andere Gewerbearten haben nicht genug Kundschaft. Auch so etwas wie ein Kindergarten lohnt sich erst, wenn hinreichend viele Kinder im Einzugsgebiet leben. In der Innenstadt ist die Dichte höher, und so kann sich ein differenzierteres Angebot halten.

Aber Dichte alleine hilft natürlich nicht. Und so ist diese Siedlung in Meschenich ganz weit draußen. Es gibt auch keinen Anschluss mit einer Straßenbahn. Möchte man aus Meschenich irgendwo anders hin, dann muss man weite Strecken überwinden, die man nicht zu Fuß gehen wird. Die folgende Perspektive ist vom Rad von Hürth aufgenommen:

Und so ist die Gegend dann ziemlich isoliert und nicht attraktiv. Im Wikipedia-Artikel steht noch mehr zum Hintergrund der Siedlung. Anfangs geplant als teure Luxussiedlung mit viel Infrastruktur um die Wohnungen herum (Hausmeisterservice, Schwimmbad mit Sauna, Kindergarten, Tennisplatz, diversen Geschäften …), wollten dann doch zu wenige Leute dort wohnen. Es kam zu Leerstand, und dann wurden die Ansprüche gesenkt. Die Mieten wurden gesenkt, das Milieu begann sich zu wandeln. Irgendwann sind dann die finanzstarken Mieter*innen weggezogen, die finanzschwachen hatten keine Wahl mehr. Dazu kamen dann andere Probleme wie Prostitution, und schon hatte man einen sozialen Brennpunkt:

Durch solche Beispiele wird das Konzept von Dichte verbrannt. Wahrscheinlich werden sich Leute das anschauen und sich freuen, dass sie lieber in ihrem eigenen Haus wohnen. Im Süden von Meschenich gibt es endlose Reihenhäuser, alle mit zwei Autos davor. Das ist also eine reine Schlafstadt, dort wohnen die etwas finanzstärkeren Leute. Dafür ist da halt auch nicht so wirklich Infrastruktur, man muss überall hin mit dem Auto fahren.

Aber Dichte an sich ist nicht das Problem, der krasse Unterschied an Dichte ist es. In Manhattan zum Beispiel hat man eine enorme Dichte, aber man würde es wohl nicht als sozialen Brennpunkt bezeichnen. Die Stadt hatte allerdings Zeit, sich dorthin zu entwickeln. Es passt sich in die Umgebung ein. Und auch in Bonn wird fleißig nachverdichtet, da werden Doppelhaushälften abgerissen und Wohnanlagen mit fünf oder sieben Wohneinheiten gebaut. Dadurch entsteht mehr Wohnraum, die Bevölkerungsdichte steigt leicht, ohne direkt zu Problemen zu führen. Die Umgebung kann sich auch mit der Zeit anpassen.

Für die Hochhaussiedlung in Meschenich gibt es natürlich keine perfekt wirksamen Soforthilfemaßnahmen, die alle Probleme aus der Welt schaffen. Das ist etwas, das sich durch den Bau von zu vielen Wohneinheiten zu weit draußen, ohne attraktive Anbindung nach Köln oder Brühl, ergeben hat und auch nicht mal eben weggehen kann. Ähnliche Fehler wurden auch in Sankt Augustin Menden gemacht, da hat man allerdings nach dem ersten Hochhaus aufgehört. Ich finde es aber positiv, dass die Stadtentwicklung das Konzept der Dichte inzwischen wieder aufgreift, und dies nun in einem sozial verträglichen Maß betreibt.