Es wird teurer weil alles teurer wird
Vieles wird teurer, weil vieles teurer wird. Dabei muss nicht alles teurer werden. Und genau deshalb finde ich Indexmietverträge so bekloppt.
Das Ziel der Europäischen Zentralbank ist die Preise stabil zu halten. Es ist allerdings sehr schwer zu messen und mit vielen Unsicherheiten behaftet. Wenn das allgemeine Preisniveau fällt, würde unsere Wirtschaft zügig zusammenbrechen. Wenn die Aussicht ist, in Zukunft Dinge günstiger zu bekommen, würde man Käufe aufschieben. Wenn aber Leute reihenweise Käufe aufschieben, passiert nichts mehr. Die Nachfrage würde sinken, die Preise würden weiter fallen. Dann fallen aber auch die Löhne, sodass die Nachfrage weiter sinkt. Am Ende passiert dann fast nichts mehr.
Um da auf der sicheren Seite zu sein, zielt die EZB auf bis zu 2 % Inflation. Das ist einfach der Sicherheitsabstand zu negativen Werten, also zur Deflation. Das Ziel ist also, dass die Preise ganz langsam steigen, damit sie keinesfalls sinken. Aber so langsam, dass es einem nicht wirklich auffällt. Insgesamt soll man aber schon Dinge früher kaufen, damit die Wirtschaft ordentliche Nachfrage hat.
Nun kommt von außen ein Schock rein, russisches Erdgas wird plötzlich knapp und somit steigen die Preise für Gas. Damit steigen auch die Kosten für Energie und damit auch für alles andere ein bisschen. Bäckereien haben höhere Energiekosten, damit wird das Brot teurer. Handwerker müssen mehr für Diesel bezahlen, die Anfahrtskosten steigen. Das ist alles nachvollziehbar.
Wohnt man aber zur Miete mit einem Indexmietvertrag, dann wird dort auch die Miete erhöht. Und zwar um jenen Prozentsatz, um den alles andere teurer wird. Welchen Index man wählt, ist dem Vermieter überlassen, allerdings ist da wahrscheinlich auch das Wohnen mit drin. Es kommt also zum Zirkelschluss: Weil das Gas teurer wird, soll jetzt die Miete steigen. Im nächsten Intervall stellt man überrascht fest, dass nun die Mieten höher sind und wir Inflation haben. Also erhöht man die Miete wieder.
Das ist die »Lohn-Preis-Spirale«, mit der die Arbeitgeber immer vor Lohnerhöhungen zum Inflationsausgleich warnen. Nur weil alles teurer wird, müsse man doch nicht die Leute besser bezahlen! Deren Arbeit ist ja nicht mehr wert, außerdem seien auch andere Kosten gestiegen. Das Unternehmen ist das wahre Opfer. Außerdem würden durch die höheren Löhne die Preise ja nur noch weiter steigen, wodurch die Lohnerhöhungen direkt wieder aufgezehrt werden würde. Es wäre besser, die Löhne nicht zu erhöhen, damit es nicht zu noch weiteren Preissteigerungen käme.
Da sitzen die Arbeitgeber am längeren Hebel, dann gibt es halt keine Lohnerhöhung. Allerdings werden die Preise der Produkte erhöht. Ähnlich haben auch die Vermieter den längeren Hebel und erhöhen die Mieten.
Es gibt also einerseits die Lohn-Preis-Spirale. Aber es gibt auch noch eine Kosten-Kosten-Spirale, die unabhängig von den Löhnen passiert. Wenn man also die Löhne bei Diskussionen um Inflation ausklammern möchte, um das Problem nicht noch schlimmer zu machen, so muss man ebenso andere Dinge ausklammern wollen.