Einwendung zum Hauptbahnhof an die Bezirksregierung

Ich hatte gestern zu den Plänen für die Straßenbahnhaltestelle am Hauptbahnhof geschrieben und angekündigt noch an die Bezirksregierung zu schreiben. Diese folgt nun in diesem Artikel. Bis zum 21.09.2021 kann noch jeder Betroffene bei der Bezirksregierung eine Einwendung einreichen. Ich würde mich freuen, wenn meine Einwendung als Grundlage genutzt würde, um noch weitere Einwendungen zu schreiben. Die Struktur kann gerne einfach genutzt werden.

Die Adresse ist diese:

Bezirksregierung
50606 Köln

Einwendung an Bezirksregierung:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im Rahmen des Planfeststellungsverfahren für den Barrierefreien Ausbau der Straßenbahnhaltestelle Hauptbahnhof und Neubau des Gleisabschnittes zwischen den Haltestellen Hauptbahnhof und Thomas-Mann-Straße mache ich von der Möglichkeit der Einwendung Gebrauch.

Die Planung durch die Ingineurgesellschaft Lindschulte und Kloppe berücksichtigt die Belange der Radfahrenden nicht hinreichend. Die äußert sich in vielen Aspekten.

Radfahrende, die aus der Maximilianstraße kommen, werden dort zuerst auf den linken Fahrstreifen verschwenkt. Der bisher als Radstreifen markierte rechte Fahrstreifen soll zu einem Gehweg umgebaut werden. Den Radfahrenden wird dort ein Schutzstreifen mit Minimalbreite von 125 cm geboten, als Kernfahrbahn verbleiben dort 250 cm. Bei einer realistischen Autobreite von 220 cm bleibt dann nicht mehr genügend Platz um Radfahrende mit hinreichendem Abstand zu überholen. Nach meiner Erfahrung lädt ein Schutzstreifen jedoch zum Überholen ohne zusätzlichen Abstand ein, Autofahrende haben häufig den Fehlglauben, dass diese gestrichelte Linie den Überholabstand von 150 cm ersetzt. Gerade wenn die LZA dort grün anzeigt, werden sehr wahrscheinlich Radfahrende knapp überholt. Dies ist eine unnötig geschaffene Konfliktstelle. Gerade durch die Verschwenkung auf den linken Fahrstreifen werden sich die Autofahrenden im Recht sehen. Diese Verschwenkung müsste also mindestens mit Leitboys gesichert werden, damit der Schutzstreifen nicht geschnitten wird. Da hier allerdings eine unzulässige Kombination von Mindestmaßen vorliegt, wird diese Möglichkeit nicht umsetzbar sein. Daher muss der Gehweg weniger breit ausgeführt werden.

Dann sollen Radfahrende, die rechts auf die Straße Am Hauptbahnhof abbiegen, wohl auf den getrennt geführten Radweg vor der Straßenbahnhaltestelle geführt werden. Hier ist auf dem Plan keine Abrundung vorgesehen, der Kurvenradius ist null. Damit werden Radfahrende sehr wahrscheinlich etwas ausholen müssen, damit sie diese Kurve gut fahren können. Damit kommen sie aber auf der 375 cm breiten Fahrbahn dem MIV in die Quere, ein derartiges Ausholen kann dann zu einem Unfall führen. Im Plan sieht man, dass für den MIV ein üppiger Kurvenradius vorgesehen ist. Das gleiche sollte dann auch für den Radverkehr eingeplant werden.

Die Führung des Radweges vor dem Wartebereich der Straßenbahnhaltestelle erscheint mir ebenfalls als Konflikt- und Gefahrenstelle. Schaut man sich dem Treiben am Hauptbahnhof und ZOB an, so gehen die Zufußgehenden dort sehr frei und willkürlich über die Fahrbahnen, kreuzen quer durch den ZOB und queren auch direkt von ZOB zu Gleis 1, ohne die LZA zu nutzen. Ich halte demnach für naiv davon auszugehen, dass die auf die Straßenbahn wartenden Personen nicht auf den Radweg treten. Stand der Technik ist eine Führung hinter dem Wartebereich (vgl. ERA 2010, S. 3–25 ff.).

Damit könnte auch die Signalisierung für die Radfahrenden entfallen. Insbesondere da es sich hier um einen stark frequentierten Halt handelt, entstehen dadurch für die Radfahrenden große Wartezeiten. In der Planung wird in diese Fahrtrichtung ein dritter Fahrstreifen eingeplant, damit die Straßenbahn überholt werden kann. Radfahrenden diese Möglichkeit zu nehmen ist unnötig diskriminierend.

Der Radweg soll mit roten Betonsteinen ausgeführt werden. Es ist begrüßenswert, dass er farblich abgesetzt ist. In den Niederlanden ist seit längerem Asphalt für Radwege Standard. Dies sollte hier ebenfalls im Hinblick auf die besseren Rolleigenschaften ausgeführt werden.

Im westlichen Teil sind vor dem Hotel zwei Parktaschen mit mehreren Parkplätzen eingeplant. Direkt in der Rabinstraße gibt es ein neues Parkhaus. Es gibt keinen Grund, dort noch weitere Parkplätze anzulegen.

Da dies Kurzzeitparkplätze sind, ist mit vielen Parkvorgängen zu rechnen. Dann kann dort nicht auf den Sicherheitstrennstreifen verzichtet werden, der in der Planung fehlt. Dies führt dann dazu, dass der Radstreifen dort im Bereich der Autotüren verläuft. Sollten Autofahrende hier die Türen unachtsam öffnen, so haben die Radfahrenden keine Ausweichmöglichkeit mehr. Ein Ausweichen nach links ist nicht gefahrlos möglich, da dort die Straßenbahnschienen verlaufen. Dies ist eine weitere Gefahrenstelle, die Radfahrenden zugemutet wird. Die Hotelgäste, die mit dem Auto anreisen, können ebensogut im Parkhaus parken. Vor dem Bahnhofsgebäude gibt es die gleichen Konfliktstellen mit den Parkständen. Hier muss ebenfalls mehr Abstand eingeplant werden.

Der Schutzstreifen dort ist mit 160 cm zwar sogar Größer als das Regelmaß von 150 cm, jedoch ist der angrenzende Fahrstreifen mit 325 cm nicht breit genug, um den Überholabstand von 150 cm bei realistischen Kraftfahrzeugbreiten zu gewährleisten. Auch hier wird der Schutzstreifen zu knappen Überholmanövern einladen. Wenn das Überholen aber nicht möglich ist, ohne den Fahrstreifen zu verlassen, sind die Radfahrenden nicht vom restlichen Verkehr entkoppelt. Das Ziel der Trennung ist damit nicht erreicht.

Radfahrende, die von der Maximilianstraße in die Herwarthstraße fahren wollen, hatten vor einigen Jahren die Möglichkeit sich schon in der Maximilianstraße auf dem linken Fahrstreifen einzuordnen. Sie sind dann auf dem mittleren Fahrstreifen am Hauptbahnhof vorbeigefahren und konfliktfrei in die Herwarthstraße abgebogen. Mit der Einrichtung des Radstreifens bis zur Fußgängerampel zwischen Bahnhofsgebäude und Poststraße (im folgenden »mittlere Ampel«) sollten Radfahrende bis zur zu jener Ampel aber auf dem rechten Fahrstreifen fahren. Dort verlaufen die Straßenbahnschienen. Zum Abbiegen in die Herwarthstraße musste man dann den mittleren Fahrstreifen kreuzen und und linke Schiene überqueren. Die Überwachung des rückwärtigen Verkehrs mit Schulterblick, während man zwischen den Straßenbahnschienen fährt, ich auch für geübte Radfahrende anspruchsvoll. Ich selbst hatte schon zwei Beinaheunfälle, im Bekanntenkreis gab es auch einen Sturz. Durch die Planung mit dem Radweg vor dem Wartebereich und dem Schutzstreifen auch bis nach der mittleren Ampel müssen Radfahrende dann den rückwärtigen Verkehr auf zwei Fahrstreifen überwachen. Das Linksabbiegen in die Herwarthstraße wird noch einmal deutlich gefährlicher, als es aktuell schon ist.

Man könnte hier den Radfahrenden das Rechtsabbiegen von der Maximilianstraße erlauben, sodass sie dann die andere Unterführung nutzen und durch die Quantiusstraße fahren. Dies würde aufwiegen, dass man die Herwarthstraße nicht sinnvoll erreichen kann. Alternativ könnte man die Radfahrenden, die in die Herwarthstraße abbiegen wollen, schon von der Maximilianstraße auf den mittleren Fahrstreifen abbiegen lassen.

Radfahrende, die nach Westen hin in die Rabinstraße fahren wollen, müssen den Schutzstreifen verlassen und die Aufstellfläche beim mittleren Fahrstreifen erreichen. Es ist unklar, wie das funktionieren soll. Radfahrende müssen sich einordnen und dabei zwei Fahrstreifen überwachen. Hier könnte eine Schutzkreuzung nach niederländischem Vorbild ein besseres indirektes Linksabbiegen ermöglichen. Der benötigte Platz könnte durch die Einsparung des mittleren Fahrstreifens gewonnen werden. Dieser ist laut Erläuterungsbericht enthalten, damit die Straßenbahnen an der Haltestelle überholt werden können. Nach der Haltestelle gibt es diesen Bedarf nicht mehr.

Generell erschließt sich mir die Notwendigkeit des dritten Fahrstreifens nicht. Aktuell können die Busse den ZOB nicht sinnvoll verlassen, wenn die Straßenbahn dort hält. Dies scheint jedoch trotzdem einen sinnvollen Betrieb zu ermöglichen. In der vorliegenden Planung wird den Radfahrenden zugemutet, dass sie auf die Straßenbahn an der neuen Haltestelle warten müssen. Welche Fahrzeuge müssen hier die Straßenbahn überholen? Der MIV könnte durch die Kappung des Cityrings wieder ausgeschlossen werden, es gibt wenig Grund, warum gerade vor dem Hauptbahnhof langgefahren werden muss. Durch die dritte Rampe der Viktoriabrücke ist die Rabinstraße auch so gut von der Weststadt aus erreichbar. Eine derartige Bevorzugung des MIV auf einer Strecke, die großes Potential für eine West-Ost-Fahrradpendlerroute hat, erscheint mir absolut nicht zeitgemäß.

Radfahrende, die von der Rabinstraße kommen und zum Bahnhofsgebäude wollen, müssen sich dem Plan nach sehr merkwürdig an der Ampel auf die Aufstellfläche für Linksabbieger stellen, dann im Bereich der Ampel auf den gemeinsamen Geh- und Radweg auffahren. Dieser endet dann mit Einmündung der Herwarthstraße. Aufgrund der Breite von nur 300 cm wird hier kein getrennter Geh- und Radweg (Zeichen 241) sondern nur ein gemeinsamer (Zeichen 240) geplant. Damit wird es aber auch zu vielen Konflikten zwischen Zufußgehenden und Radfahrenden kommen.

An der Kreuzung gibt es anscheinend keine Fußgängerampel mehr, die direkt über die Thomas-Mann-Straße führt. Es ist mir nicht ersichtlich, warum diese direkte Verbindung eingespart wird und Zufußgehenden zugemutet wird ein vielfaches der Strecke in zwei Ampelphasen zurücklegen zu müssen.

Würde der mittlere Fahrstreifen eingeplant werden, so könnten auf beiden Seiten echte Radwege angelegt werden. Dies würde auch dem erklärten Ziel, der Entkopplung von Kraft- und Radverkehr viel gerechter werden. Anstelle dessen wird ein Mischverkehr mit 50~km/h geplant, der für die Radfahrenden gefährlich und unangenehm wird. In den Niederlanden wird bei dieser Geschwindigkeit immer getrennt.

Vor dem Bahnhofsgebäude ist weiterhin nur sehr wenig Platz bis zur Fahrbahn. Unsere Nachbarstädte haben alle einen Bahnhofsvorplatz, der seinen Namen verdient. In Bonn steht man direkt an einer Straße, die sogar vom MIV befahren wird. Bei dieser Neugestaltung bestünde die Möglichkeit, hier mehr Platz zu schaffen.

Insgesamt ist diese neue Planung nicht auf dem Stand der Technik bezüglich Radverkehr. Es sind sind nicht nur Detailverbesserungen sondern grundlegende Änderungen nötig, um hier eine zeitgemäße Radverkehrsführung anbieten zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding