Dynamik auf Mastodon

Seit einiger Zeit habe ich Twitter den Rücken zugekehrt und bin nur noch auf Mastodon aktiv. Die sozialen Dynamiken dort sind spürbar anders als jene auf Twitter. Viele davon sind durch kleine Unterschiede beim Algorithmus zu erklären. Jenem Algorithmus, der den Feed zusammenstellt und somit kontrolliert, was die Leute sehen.

Bei Twitter wird ein Like direkt genutzt, um dem Beitrag mehr Reichweite zu geben. Denn was ein Like bekommt, wird wohl von noch mehr Leuten ein Like bekommen. Damit kann Twitter die Aufmerksamkeit der Leute binden und mehr Werbung anzeigen. Auf Mastodon gibt es das bewusst nicht. Das Like wird nur der Autor*in angezeigt. Man sieht auch erst in den Details, wie viele Likes ein Beitrag hat. Somit verkommt das zu einem Detail, wie es das vielleicht auch sein sollte.

Der Feed-Algorithmus auf Twitter hat auch noch mehr damit gemacht. Wenn jemand, dem ich folge, ein Like vergibt, so wird mir der fremde Beitrag bei mir angezeigt, obwohl ich der Person gar nicht selbst folge. Dadurch werden Beiträge in »meine Timeline gespült«. Ähnlich ist das mit Antworten (»DruKo«, »drunter Kommentar«). Antwortet jemand, dem ich folge, dann erscheinen beide Tweets bei mir. Dies führt dazu, dass Dinge aus der Filterblase herauskommen.

Es führt aber auch dazu, dass man plötzlich vor den Bus geworfen wird. Manchmal kommentierten bei mir irgendwelche rechten Trolls. Dadurch kamen beide Tweets dann bei diversen anderen Trolls in den Sichtbereich, und die haben sich darüber hergemacht. Weitere Trolls werden dadurch angelockt. Es bekommt schnell eine Eigendynamik, die unangenehm werden kann.

Das ganze gibt es bei Mastodon so nicht. Es muss explizit geteilt werden (»Retweet« bei Twitter). Und hier gibt es auch nicht die Möglichkeit dann noch einen Text darüber zu schreiben (»DrüKo«, »drüber Kommentar«, »quote retweet«). Das kann manchmal gut genutzt werden. Teilweise ist der Kommentar aber auch ein »Schaut mal, wie doof der ist« und dann den anderen Tweet. Das lockt dann auch immer ganze Trollarmeen an.

Mastodon ist also viel beschaulicher. Das ist aber auch ein Problem, weil man nicht mit Dingen konfrontiert wird, auf die man so selbst nicht kommen würde. Man ist so unter jenen Leuten, denen man folgt. Man bekommt zwar deren geteilte Beiträge rein und entdeckt somit andere Accounts. Allerdings wächst die Blase dann so sehr langsam. Das kann gerade zum Erreichen von kritischen Massen hinderlich sein. Zum Beispiel haben in der Ukraine dort Leute diverse taktische Informationen teilen können und diese sind schnell viral gegangen.

Bei Twitter gab es auch noch eine Masche um schlecht über Leute zu reden. Man hat ein Bildschirmfoto gemacht und dann dieses geteilt. Somit hat Twitter keine Verbindung hergestellt und die Person auf dem Bildschirmfoto hat davon nichts mitbekommen. Die anderen Leute konnten dann aber auf den Account gehen und dort herumärgern. Man wusste gar nicht, woher diese Leute alle kommen.

Insgesamt fühle ich mich auf Mastodon deutlich wohler. Ein bisschen Dynamik fehlt, aber vielleicht macht genau das diesen Wohlfühl-Faktor aus. Mal schauen, wie sich das so entwickelt.