Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Nicht-Beseitigung eines Falschparkers

Vor Monaten hatte ich einen großen Erfolg mit dem Entfernenlassen eines Fahrzeugs. Dann hatte ich an der Siegburger Straße in Bonn-Bechlinghoven so einen Kandidaten, der meiner Meinung nach hätte entfernt werden müssen.

Das Fahrzeug stand komplett auf der linken Hälfte, die als Gehweg ausgeschildert ist. Der rechte Teil ist ein Radweg. Wenn man ein gutes Stück zurückgeht, dann kann man das auch entsprechend am Verkehrszeichen sehen.

Die Oberflächen links und rechts sind deutlich anders, und das teilt es dann in Gehweg links und Radweg rechts ein.

Das Auto hat den Gehweg also komplett versperrt, von einer Mindestbreite von 100 cm kann keine Rede gewesen sein. Ich rief das Ordnungsamt und fuhr weiter. Am nächsten Tag stand das Fahrzeug noch immer dort, mit einer Verwarnung. Die Mitarbeitenden haben also die Behinderung nicht erkannt und entsprechend auch nicht beseitigt.

Damit sich das Ordnungsamt in Zukunft besser für die Interessen von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen einsetzt, empfiehlt die Abschleppgruppe als nächsten Schritt eine Dienstaufsichtsbeschwerde (DAB). Man rügt so das Verhalten eines konkreten Mitarbeiters. Da dies meine erste DAB war, bin ich sehr dankbar für die Hilfe seitens der Abschleppgruppe bei der Formulierung.

Dienstaufsichtsbeschwerde

In den nächsten drei Abschnitten folgt der Wortlaut meiner DAB, Nummernschilder und Dienstnummern sind natürlich hier im Blog ersetzt. Die Beschwerde habe ich am 04.06.2021 als PDF mit den obigen Bildern an die stvo@bonn.de geschickt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich reiche Beschwerde bezüglich einer nicht beseitigten Verkehrsbehinderung ein.

Sachverhalt

Am 31.05.2021 bin ich um 15:55 Uhr auf meinen Wegen an der Siegburger Straße 363 (53229 Bonn) mit dem Fahrrad vorbeigekommen. Dort ist ein getrennter Geh- und Radweg (Zeichen 241) auf der nördlichen Fahrbahnseite. In meiner Fahrtrichtung nach Sankt Augustin befindet sich der Gehweg links, der Radweg rechts. Der linke Teil ist mit Gehwegplatten, der rechte Teil in Asphalt ausgeführt. Dazwischen ist ein hellerer Trennstreifen, der offensichtlich Geh- und Radweg trennen soll.

Auf dem linken Teil standen zu dem Zeitpunkt drei Fahrzeuge:

  1. XX XX 0000, Fabrikat, Farbe
  2. XX XX 0000, Fabrikat, Farbe
  3. XX XX 0000, Mercedes, Farbe

Ich habe bei der Leitstelle des Ordnungsamtes (0228 773333) um 16:00 Uhr einen Disponenten erreicht. Ich habe ihm die Verkehrsbehinderung gemeldet, das Zeichen 241 benannt und auch, dass der komplette Gehweg von mehreren Fahrzeug blockiert wird. Er hat sich von mir die Anschrift, die Kennzeichen und Fabrikate der Fahrzeuge geben lassen. Er hat einen Einsatz gebucht. Ich bin nicht mehr vor Ort geblieben.

Am nächsten Tag, dem 01.06.2021 um 16:38 Uhr, bin ich wieder an der gleichen Stelle vorbeigekommen. Fahrzeuge 1 und 2 standen nicht mehr auf dem Gehweg, Fahrzeug 3 stand jedoch weiterhin dort. Am Scheibenwischer klemmte eine Verwarnung der Stadt Bonn auf Thermopapier.

Auf der Verwarnung standen folgende Daten:

  • Feststellzeit: Montag 31. Mai 2021, 20:32 Uhr
  • Dienstnummer: 000
  • Kennzeichen XX XX 0000
  • Fahrzeugart: PKW
  • Fabrikat: Mercedes
  • Ort: Bonn, Siegburger Straße gegenüber Laterne 10
  • Tatvorwurf #1: Sie parkten auf einem Geh- und Radweg (Zeichen 241)
  • Bemerkungen: ganz aufgefahren
  • Beweise: Foto
  • Verwarnungsgeld: 20,00 EUR

Beschwerde

Die Mitarbeiter*innen des Ordnungsamtes waren vor Ort. Jedoch wurde an das Fahrzeug nur eine Verwarnung mit Tatbestandsnummer 112402 (Sie parkten verbotswidrig auf dem Gehweg, 20 EUR) gehängt. Die Behinderung wurde nicht beseitigt.

Begründung

An der Siegburger Straße 363 ist der Gehweg 231 cm breit. Ein Mercedes-Benz W 201 ist 1678–1706 mm breit. Selbst wenn man also die geringste Breite ohne Spiegel annimmt, und ferner annähme, dass das Fahrzeug ganz am Rand geparkt wäre, so blieben nur 63 cm Gehweg übrig. In dem konkreten Fall war es ungefähr eine halbe Gehwegplatte, also grob 20 cm. Dies ist deutlich unter der Grenze von 100 cm für Behinderung, ab der diese beseitigt werden muss.

Die Fußgänger konnten hier nicht mehr ihren Teil des Hochbords nutzen und mussten auf den Radweg ausweichen. Dieser Radweg ist in beide Richtungen benutzungspflichtig und eine wichtige Verbindungsstecke, entsprechend stark frequentiert. Der Radweg selbst ist abzüglich Bordstein und Trennstreifen 235 cm breit, entspricht also gerade dem Regelmaß für linksseitige Radwege aus der VwV-StVO Lfd-Nr. 37:

Voraussetzung für die Anordnung [linker Radwege] ist, dass die lichte Breite des Radweges einschließlich der seitlichen Sicherheitsräume durchgehend in der Regel 2,40 m, mindestens 2,0 m beträgt;

Treten hier Fußgänger auf den Radweg, um auszuweichen, wird die effektive Breite verringert.

Radfahrer, in Richtung Bonn-Beuel unterwegs sind, müssen einen Abstand zum parkenden Auto halten, wie zum Beispiel in einer Pressemeldung der Polizei BN beschrieben:

Radfahrende sollten zudem einen Sicherheitsabstand von mindestens einem Meter zu parkenden oder haltenden Kraftfahrzeugen einhalten.

Zieht man hier einen Meter Abstand ab, so verbleiben nur noch 140 cm Radweg, das bei der in RASt angenommenen Breite von 100 cm pro Radfahrer zu Behinderungen im Begegnungsverkehr kommt.

Durch das Fahrzeug wurden also Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern, sowie Radfahrern untereinander provoziert. Durch das Nicht-Beseitigen durch das Ordnungsamtes bestand diese Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung mindestens 24 Stunden.

Nach § 2 Absatz 1 PolG NRW muss eine Maßnahme geeignet sein:

Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

Die reine Verwarnung beseitigt die Behinderung nicht und ist daher nicht geeignet.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Antwort der Stadt Bonn

Am 10.06.2021 habe ich dann die Antwort von der Stadt Bonn erhalten, als Word-Dokument. Dort steht im Hauptteil dieses (Hervorhebung von mir):

Ein Fehlverhalten meiner Mitarbeitenden ist in dem von Ihnen geschilderten Fall nicht zu erkennen. Auf Basis des Opportunitätprinzips und im Anschluss der Verhältnismäßigkeitsprüfung haben die eingesetzten Mitarbeitenden rechtsfehlerfrei gehandelt.

Dem Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten wurde in vollem Umfang nachgekommen, da die Fahrzeuge wegen Parkens auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg verwarnt worden ist. Ein Abschleppen der Fahrzeuge an dieser Stelle wird -auch im Nachhinein- als nicht verhältnismäßig eingestuft. Rechtlich ist dementsprechend geregelt und vorgesehen, dass bei festgestellten Parkverstößen in der Regel ein Verwarnungsgeld („Knöllchen“) nach dem bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog angeboten werden soll, um dadurch das künftige Parkverhalten der Autofahrer positiv zu beeinflussen. Hier wird bewusst erst einmal auf einen Lerneffekt gesetzt. Eine Abschleppmaßnahme kommt im Rahmen des Sofortvollzuges nur dann zusätzlich neben dem Verwarnungsgeld in Betracht, wenn sie als letztes Mittel geboten ist, um eine akute Gefährdung im Straßenverkehr zu beseitigen. Auch wenn ein Parkverstoß an sich immer ärgerlich und störend ist, ist eine Abschleppmaßnahme nicht generell rechtmäßig, wenn ein Fahrzeug unerlaubt auf einem Geh- und Radweg abgestellt wurde. Wenn es Radfahrern und Fußgängern möglich ist, einen Bereich, wenn auch vorsichtig, zu passieren, erweisen sich sofortige Abschleppmaßnahmen als unverhältnismäßig.

Mir erscheint das konsistent, aber dennoch falsch. Wenn man hier von einem gemeinsamen Geh- und Radweg mit Zeichen 240 ausgeht, dann kann ich der Argumentation komplett folgen. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen teilen sich dort die komplette Breite. Für einen gemeinsamen Weg ist die Breite komplett ausreichend, daher besteht keine Behinderung. An dieser Stelle gibt es allerdings einen getrennten Geh- und Radweg, sodass die Fußgänger diesen Bereich eben nicht mehr passieren konnten. Sie müssten auf den Radweg ausweichen.

Dann steht da noch der lustige Satz »[…] die Fahrzeuge wegen Parkens auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg verwarnt worden ist«. Abgesehen von dem Grammatikfehler zeugt es von einem merkwürdigen Bild, dass man Fahrzeuge verwarnen kann. Das Fahrzeug wird das Bußgeld bestimmt nicht zahlen, sondern der Halter.

Zufrieden war ich mit der Antwort nicht. Also habe ich eine Fachaufsichtsbeschwerde an die Bezirksregierung geschrieben.