Die perfekte Nicht-Entschuldigung
Ein Mann hat was dummes übergriffiges gemacht. Danach hat er sich aber nicht anständig entschuldigt sondern eine perfekte Nicht-Entschuldigung präsentiert. Ich zerlege das einmal.
Manchmal macht mich Nachrichtenlesen wütend. Und es ist auch zum fremdschämen. So gab es in der Tagesschau diesen Artikel zu einem Eklat, Kroatiens Außenminister Radman hat versucht die deutsche Außenministerin Baerbock zu küssen. Also so als Begrüßungsküsschen, bei der Aufstellung zum Gruppenfoto.
Alter, wie lost kann man sein? Der Typ ist Außenminister! Und damit ist er der oberste Diplomat. Der muss einen relativ großen Beraterstab haben, der ihn bezüglich Gepflogenheiten berät. In Deutschland hat das Auswärtige Amt einen ganzen Stab Protokoller, die sich um exakt solche Dinge kümmern. Damit eben unsere Außenministerin noch nicht einmal unabsichtlich in irgendwelche Fettnäpfchen tritt.
So, aber der hat dann wirklich Frau Baerbock versucht zu küssen. Und sie hat sich weggedreht, weil sie das offensichtlich nicht wollte. Schaut man sich das Foto im Artikel an, dann spürt man ihren Widerwillen.
Schaut man jetzt in den Artikel, so weiß der Herr von nichts:
"Vielleicht war es ein unangenehmer Moment", sagte Radman nach Angaben kroatischer Medien vom Samstag. "Wenn jemand darin etwas Schlimmes gesehen hat, dann entschuldige ich mich bei demjenigen, der das so aufgefasst hat."
Zuerst einmal fängt er mit »vielleicht« an. Wenn ich mir das Foto anschaue, dann ist das kein »vielleicht«. Es hätte auch keinen Eklat gegeben, wenn das in irgendwie diskutabel gewesen wäre. Alleine dieses eine Wort zeugt schon davon, dass er das Problem nicht verstanden hat.
Dann entschuldigt er sich konditional nur dann, wenn jemand darin etwas schlimmes gesehen hat und auch nur bei denen. Das ist keine echte Entschuldigung. Wenn man zu seinem Scheiß stehen könnte, dann würde man so etwas sagen wie: »Das war ein Fehler von mir. Es tut mir aufrichtig leid, dass ich Frau Baerbock in diese unangenehme Situation gebracht habe. Das wird sich nie wiederholen.«
Als wäre diese Nicht-Entschuldigung nicht schon ekelhaft genug, kommt noch mehr:
Er wisse nicht, was das Problem gewesen sei, so Radman. Er sei sich dessen nicht bewusst gewesen. "Wir begrüßen uns immer herzlich. Es ist ein herzlicher menschlicher Umgang unter Kollegen."
Wenn man irgendwo abseits der hohen Politik als einfache Kollegen zusammenkommt, dann gibt es gewisse Regeln. Und die sehen auch klar vor, dass man nicht einfach ungefragt eine andere Person küsst. Das ist sexuelle Belästigung. Die meisten Firmen haben da Richtlinien, die nochmal strenger als das Strafrecht sind. Die Messlatte für Außenpolitiker würde ich eher höher als tiefer legen. Und da meint der Außenminister eines Staates, dass er das nicht wüsste? Was weiß der denn sonst noch so alles nicht?
Warum gibt es nur immer wieder Männer, die ihre Machtpositionen ausnutzen wollen und nicht einfach ihre Finger bei sich behalten können?