Die Freuden einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu sein hat eine Eigendynamik, die ich echt unterschätzt habe. Aber nun ist es zu spät.

Anfang des Jahres haben wir eine Eigentumswohnung gekauft. Diese ist in einem größeren Wohnhaus mit vielen Parteien.

Im Kaufvertrag steht ein toller Satz:

Dem Käufer ist bekannt, dass er durch den Erwerb des Wohnungseigentums Mitglied einer Eigentümergemeinschaft wird und dass dadurch für ihn Rechte und Verpflichtungen gegenüber den übrigen Miteigentümern der Wohnanlage, der Eigentümergemeinschaft und dem Verwalter entstehen.

Und ich dachte zu dem Zeitpunkt zu wissen, was das bedeutet.

Der Hintergrund ist da ganz interessant. Ein Unternehmen baut eine große Wohnungsanlage. Und dann wird sie per Teilungserklärung geteilt. Und da werden die einzelnen Wohnungen benannt und alles, was gemeinsam ist. Aber wie geht es dann weiter? Nur eine Wohnung nützt mir ja nichts, ich brauche noch das Treppenhaus dazu. Ich will zu meiner Wohnung, die Nachbarn dürfen mich davon nicht abhalten können. Aber die müssen auch zu ihrer Wohnung.

Das ganze ist dann so, dass man an dem gesamten Ding einen gewissen Anteil erwirbt, zum Beispiel 2 % bei einer Anlage mit 50 gleichen Wohnungen. Man bekommt dann noch ein Sondereigentum. Eine bestimmte Wohnung ist damit exklusiv nur von der besitzenden Partei nutzbar, unter Ausschluss der anderen. Die gemeinsamen Teile wie Treppenhaus und Waschkeller hingegen sind Gemeinschaftseigentum bei dem niemand aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschlossen werden kann.

Interessant wird es dann, wenn es um Grenzfälle geht: Gehören Wohnungstür und Fenster zum Sondereigentum oder nicht? Darf man in seine Wohnung andere Fenster einbauen lassen oder braucht es die Zustimmung der anderen?

Wir hatten da schon so unseren Spaß mit. Im Sommer entfiel das Nebenkostenprivileg bezüglich Kabelfernsehen. Man darf die Gebühren für einen Kabelfernsehanschluss nicht mehr als umlagefähige Nebenkosten den Mietern aufdrücken. Und somit müssen die Eigentümer entscheiden, ob sie einen Sammelvertrag machen wollen. Unsere Eigentümergemeinschaft hat so einen Sammelvertrag, uns interessiert aber das Kabelfernsehen nicht. Und daher wurde abgestimmt ob die Gemeinschaft den Sammelvertrag für grob 7 EUR/Monat pro Partei behalten soll. Es fand sich eine Mehrheit, also müssen wir das weiterhin zahlen, obwohl wir das gar nicht wollen.

Dann wird fleißig über Renovierungen der gemeinsamen Flächen diskutiert. Da geht es dann plötzlich um hohe Beträge, die auch aufgeteilt auf alle Parteien auch noch immer heftig sind. Es hat so ein bisschen was von einem Elternabend, bei der über eine Klassenfahrt diskutiert wird. Allerdings ist der Selbstkostenanteil ein fünfstelliger Betrag. Und dann ist es überhaupt nicht mehr lustig.

In so einer großen Gemeinschaft kommen dann viele Generationen und Lebensentwürfe zusammen. Leute, die in ihrer eigenen Wohnung wohnen und andere, die ihre Wohnung vermieten. Jüngere Familien, die sich noch eher für energetische Sanierung begeistern können als die Senioren. Da einen gemeinsamen Weg zu finden ist nicht leicht, es hat etwas politisches. Zudem man mit der Zeit auch Gruppen und Dynamiken identifizieren kann, wie ich es in der Kommunalpolitik gesehen habe. Das ist nicht einfach.

Auch wenn man in einer Eigentumswohnung keinen Vermieter hat und innerhalb seiner Wohnung alles machen können sollte, ist das nicht der Fall. Bei uns in der Anlage ist der Sicherungskasten im Treppenhaus. Und der Sicherungskasten selbst ist zwar Sondereigentum, die Wand zwischen Sicherungskasten und Wohnung aber nicht. Und wir bekommen gerade mit, wie eine andere Partei ihre Elektrik erneuern möchte und auf die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft angewiesen ist. Das verzögert die Renovierungsarbeiten, da nun noch eine außerordentliche Eigentümerversammlung stattfinden muss.