Die Bahn

Freitags fahre ich direkt vom Forschungszentrum Jülich nach Bonn. Der erste Teil der Strecke muss man mit der Rurtalbahn fahren. Freitag nachmittags besteht die Bahn allerdings nur aus einem von zwei Wagons, dabei sind die immer zuverlässig voll. Momentan ist es hier in der Gegend recht warm, so dass es in der Bahn sehr stickig ist.

Mir ist nicht ganz klar, warum man die Bahn so entworfen hat, dass man kein Fenster öffnen kann. Die Klimaanlage oder Lüftung ist hoffnungslos überfordert. Es muss ja nicht alles klimatisiert sein. Aber wenn man schon keine Fenster einbaut, dann sollte man eine ausreichend große Lüftung einbauen.

Und als ob die Luft in der Bahn noch nicht ausreicht, bekommt man alles mit, was man sonst eigentlich gerne ignorieren wurde.

  • Kopfhörer gibt es in zwei Arten: offen und geschlossen. In der Bahn empfehlen sich geschlossene Kopfhörer, da man so weniger Umgebungsgeräusche hat und die Umgebung auch weniger von der eigenen Musik mitbekommt.

  • Telefongespräche, die so klingen, als wurden sich de Gesprächspartner lieber prügeln, wenn sie sich sehen konnten, sind in einen Wagon der Bahn ziemlich anstrengend.

  • Taschentücher einpacken braucht ein gewisses Maß an Vorausplanung. Hat man das nicht, kann man sich einfach im 15-Sekunden-Takt die Nase hochziehen. Wird einem (mit Nachdruck) ein Taschentuch angeboten, lehnt man es mit „geht schon" ab.

Am Bahnhof in Düren war es irgendwie nicht besser.

Der Regionalexpress nach Köln fuhr exakt so ab, dass die Meisten aus der Rurtalbahn den verpasst haben. Ich habe das auch nicht rechtzeitig geschafft, so dass ich nach dem nächsten Zug gesucht habe. Auf dem Weg dahin wurde ich gefragt, ob ich vielleicht helfen kann -- mit ein bisschen Kleingeld. Das ist alles in der Brötchenkasse zuhause. Dann bin ich auf dem Gleis angekommen. Die S-Bahn, die laut ausgehängtem Fahrplan als nächstes kommen sollte, fuhr auf dem Gleis gut 10 Minuten später ein, als der Fahrplan versprach.

Ich setzte mich in den komplett leeren Zug und schrieb weiter an diesem Post. Draußen auf dem Bahnsteig sammelten sich die nächsten Leute. Einer der Wartenden schüttete Zuckerplörre in sich hinein. Löscht das bei dem warmen und schwülen Wetter überhaupt den Durst? Durch meinen Zug ging dann ein Pfandflaschensammler, der allerdings die eine Flasche auf dem Platz neben mir übersehen hat. Ich konnte nicht so recht abschätzen ob er sich darüber gefreut hat, als ich ihn auf die Flasche noch aufmerksam gemacht habe. Nachdem der Zug 20 Minuten nach seiner planmäßigen Abfahrtszeit noch nicht abgefahren war, wurde ich dann doch stutzig. Vor allem braucht die S-Bahn länger nach Köln als der Regionalexpress, so dass dies die ganze Idee nicht auf den nächsten Regionalexpress zu warten, durcheinander bringt.

Ich fragte den einzig anderen Mitreisenden, also eigentlich Mitwartenden, ob diese S-Bahn auch mal abfahren wurde. Er sagte mir, dass die Abfahrt noch 10 Minuten hin ist. Die Fahrpläne, die aushängen, würden alle nicht mehr stimmen und man müsste (oder musste) sich über das Internet informieren. Super, ich habe mir das mobile Internet im Moment gespart, weil ich es einfach nicht genug nutze, damit das 8 EUR im Monat rechtfertigt. Da er auf seinen Samsung Galaxy S3 irgendeinen Casual-Schrott (Glücksrad?) spielte und so aussah, als hatte er es mit einem Vertrag erworben, bat ich ihn die nächste Verbindung nach Köln rauszusuchen. Anscheinend war ihm nicht so recht bewusst, dass man unter Android jederzeit auf den Launcher zurück kann, indem man die Home-Taste drückt. Er versuchte von dem Spiel aus irgendwie schnell nach draußen zu kommen, drücke aber dann doch die Home-Taste. Eine Minute später war er dann irgendwie auf einer Google Seite mit Suchergebnissen und schaute nicht sonderlich intelligent drein. Das hatte ich eigentlich ahnen können, dass er nicht zügig diese Information finden kann.

Auf gut Gluck bin ich dann wieder aus der S-Bahn raus und habe auf einem anderen Gleis einen Regionalexpress nach Köln gefunden. Dies war genau eine Stunde nach meiner Ankunft in Düren. Wunderbar.

Die Fahrt im Regionalexpress nach Köln war verhältnismäßig unspektakulär. Das einzig erwähnenswerte war eine Gruppe Mädels, die zusammen irgendwo hingefahren ist. Mein Satz des Tages ist seit dem:

Weissee, is die krank und kann poosten bei Facebook wie ein Weltmeister.

In Köln angekommen war irgendwie nicht so recht ersichtlich, wo der nächste Zug nach Bonn abfährt. Auf Gleis 9 wurde angesagt, dass der Zug nach Bonn auf Gleis 5 kommt. Auf Gleis 5 stand erstmal nichts. Irgendwann war dort ein ICE nach Siegburg/Bonn. Habe ich das wirklich so schlecht verstanden, was da in der Lautsprecheransage kam? Also bin ich wieder zurück zu Gleis 9. Dort sagten mir Bahn-Mitarbeiter dann, dass hier wirklich der Regionalexpress auf dem Gleis kommt.

Mit dem Faltrad – nein, eigentlich mit Gepäck generell – hat man es in der Bahn schwer, einen Sitzplatz zu bekommen. Oder generell einen Platz. Schließlich sind die Gepäckablagen so klein, dass man darauf nur eine Jacke packen kann. Wer fährt auch schon mit Gepäck im Regionalverkehr? Ich habe ein paar Optionen, die irgendwie alle furchtbar sind:

Mehrzweckabteil

Im Mehrzweckabteil, das allerdings auf dem Wagenstandsanzeiger und außen auf den Wagons eher als Fahrradabteil beworben wird, sitzen ziemlich häufig Leute ohne Gepäck. Die sind dann in ihr Smartphone vertieft und kommen gar nicht auf die Idee, das man vielleicht neben seinem Gepäck sitzen möchte. Oder das man sein Gepäck hier überhaupt hinstellen möchte. Alternativ ist es halt komplett voll mit einer Gruppe Leute, die eine Fahrradtour an der anderen Ende des Bundeslandes machen.

Vorraum

Man kann sich natürlich wie die coolen Leute direkt an die Tür stellen. Im Vorraum ist viel Platz, jedoch wollen da immer alle Leute durch. Diesen Aspekt haben die coolen Checker meistens nicht verstanden und blockieren einem immer den Weg. Oder halt die Lichtschranke, so dass die Türen nicht schließen. Im Vorraum sind natürlich keine Sitzplätze, so dass man dann da mit seinem Gepäck steht und es ständig durch die Gegend schiebt, weil jemand in einen anderen Wagon gehen möchte.

Rand des Wagons

Am Rand der Wagons, also dort, wo die Tür zum nächsten Wagon ist, finden sich häufig noch ein paar klappbare Sitzplätze quer zur Fahrtrichtung. Der Gang ist breit genug, dass man das Faltrad vor einen hochgeklappten Sitz packen kann und alle noch durchgehen können. Natürlich sind auch diese Sitzplätze aufgrund ihrer Nähe zur Tür sehr beliebt bei Leuten ohne Gepäck, so dass ich das Fahrrad meistens vor mich stellen muss. Aus unerfindlichen Gründen wollen während der kompletten Zugfahrt immer wieder Leute den Wagon wechseln und quetschen sich so an dem Faltrad vorbei, dass ich immer Angst habe, dass sie den Schaltzug abreißen.

Aber die hilfreichen alten Leute im Zug haben dafür ja einen ganz einfachen Tipp: Einfach mit dem Fahrrad fahren! Dass das am Ende 70 Kilometer sind und ich die vielleicht nicht zweimal die Woche fahren möchte, hat damit natürlich gar nichts zu tun.

Nach einem weiteren unplanmäßigen Halt auf freier Strecke bin ich dann in Bonn angekommen. Von Tür zu Tür war ich also von 14:30 bis 17:30 unterwegs. Da sind die 3:45 Stunden, die man mit dem Fahrrad brauchen sollte, ja schon eine echte Alternative ...