Deutschland als Land nur für Erwachsene

Neulich schrieb ich ernüchtert über mangelnde staatliche Unterstützung beim Kinderbekommen. Den Gedanken, dass Kinder unterwünscht sind, habe ich noch ein bisschen weitergesponnen zu einer Dystopie, in der Deutschland ein Land nur noch für Erwachsene wird.

Angenommen, die wenig kinderfreundliche Politik geht so weiter. Eltern müssten so viel organisieren, um ihre Karriere fürchten, bekämen Beruf und Familie nicht vereint. Es gäbe keine nennenswerten Freizeitangebote für Kinder, also außer Fortnite am eigenen PC. Draußen der Straßenverkehr wird komplett auf das Auto ausgerichtet, weil ja alle wichtigen Menschen mit dem Auto fahren. Alle unter 18 sind entsprechend unwichtig. Man kann nicht mehr auf Straßen spielen, das würde den Autoverkehr einschränken.

Leistungsträger*innen haben keine Lust mehr die Ausbildung der Kinder anderer Eltern zu finanzieren, es gibt saftige Studiengebühren, die man sich nicht mehr leisten kann. Dafür werden aber die Steuern gesenkt, Einkommenssteuer ist innerhalb der EU am niedrigsten. Das Land wird der neoliberale Traum. Der demografische Wandel ist egal, man hat die Rente von einem Umlagesystem auf Aktienrente umgestellt und ist daher unabhängig von den Leuten um sich herum.

Niemand bekommt in Deutschland noch Kinder, die Bedingungen sind einfach zu mies. Außerdem möchte man ja weiter seine Karriere verfolgen und bloß nicht aus dem Kreis der Leistungsträger*innen herausfallen und seinen Porsche als Dienstwagen verlieren. Zudem muss man auch seinen Millionenkredit für das Eigenheim abbezahlen.

Aber wie kann man jetzt verhindern, dass Deutschland ausstirbt? Es muss ein Einwanderungsland werden. Die Frage ist nur, wer dann überhaupt nach Deutschland kommen mag. In Ländern wie Niederlande, Frankreich oder Italien angenehm ist als Kind aufzuwachsen. Jedoch sind dort die Sozialabgaben so hoch, dass man sich als Nachwuchsleistungsträger*in einfach nur ausgenommen fühlt. Wacht man eines Tages auf und denkt sich »Steuern sind Raub«, hat man schon den ersten Schritt für die Einwanderung in die neoliberale Republik geschafft. Man fühlt sich durch die Schule abgehalten beim Kunden zu sein und möchte sich endlich frei entfalten dürfen. Man kann es kaum erwarten endlich in das Erwachsenleben entlassen zu werden.

Und so kommen nach Deutschland dann jene Leute, die hart arbeiten wollen. Die so richig Karriere machen wollen. Dass Deutschland das Ü18-Land der EU ist, stört gar nicht, im Gegenteil. Das ist wie Erwachsenenhotels, in dem es keine nervigen kleinen Kinder gibt. In der neoliberalen Republik kann jeder in die gehobenen Mittelschicht aufsteigen.

Mal schauen, ob es in den anderen Ländern dann genug Leute gibt, die unbedingt ihre gesamte Wachzeit als Unternehmensberater*in arbeiten wollen. Ob die neoliberale Republik vielleicht irgendwann als Aktiengesellschaft an die Börse geht. Oder ob es vielleicht doch ganz gut gewesen wäre, wenn man nicht alles auf diese eine Karte gesetzt hätte.