„Cool down St. Louis“ kontraproduktiv?
Heute ist es hier in Bonn sehr heiß und vereinzelt trifft man auf Gebäude mit Klimaanlagen. Der Hörsaal gehört nicht dazu. Jedenfalls war ich in den USA in der Nähe von St. Louis, wo es im Sommer noch deutlich wärmer ist als hier. Dort gab es eine gemeinnützige Organisation „Cool down St. Louis", die Leuten, die es sich nicht leisten konnten, eine Klimaanlage gegeben hat, damit sie auch bei hohen Temperaturen keine Kreislaufprobleme bekommen.
Allerdings wärmen Klimaanlagen die Umgebung ja auch auf. Machen die das Problem vielleicht deutlich schlimmer, als es vorher war?
Ich versuche das jetzt mal so grob zu überschlagen. Von der Sonnenstrahlung kommen in der Entfernung, die die Erde zur Sonne hat, ungefähr 1300 Watt pro Quadratmeter an. Also nehmen ich mal an, dass die Sonnenstrahlung 1000 Watt pro Quadratmeter heizt, wo sie auftritt. Vielleicht wird ein Großteil reflektiert und es ist deutlich weniger. Pro Quadratkilometer ist das dann ein Gigawatt an Sonnenwärme.
Irgendwann befindet sich das aufwärmende Haus und die Klimaanlage, die die Wärme wieder nach draußen schafft, im Gleichgewicht. Zum Gesamtsystem wird am Ende die Leistung, die die Klimaanlage aufnimmt, abgegeben. Irgendwo muss die Energie ja hin.
Ich weiß nicht so recht, wie viel eine Klimaanlage so verbraucht. In Spanien hatten wir auf dem Zimmer eine, die durch eine normale Steckdose betrieben wurde. Von daher halte ich 3 kW für angemessen. Eine Klimaanlage in einem Auto zieht wohl auch so um die 3 kW ab, und die muss ja nur den Innenraum des Autos kühlen. Außerdem steht auf vielen Internetseiten, dass die Klimaanlage locker den Großteil der Stromrechnung ausmachen kann.
Nun ist die Frage: Angenommen, jede Person in St. Louis hat eine Klimaanlage. Wie viel heizen die Klimaanlagen die Umgebung im Verhältnis zur Sonnenstrahlung?
Mit den Annahmen kann man dann einfach ausrechnen, wie viel Sonnenstrahlung im großen und mittleren Stadtbereich sowie im Stadtkern einfällt. Dagegen kann man die Leistung, die die Klimaanlagen verbrauchen, stellen. Das alles in in dieser Tabelle zusammengefasst:
Bereich | Metro | Urban | City |
---|---|---|---|
Fläche / km² | 21910 | 2392 | 170 |
Einwohner | 2810000 | 2150000 | 319000 |
Sonnenstrahlung / GW | 21910 | 2392 | 170 |
Klimaanlagen / GW | 8430 | 6450 | 95,7 |
Verhältnis | 0,38 | 2,7 | 5,6 |
Das ganze habe ich mit Mathematica ausgerechnet, hier das Notebook
Cool_down_St_Louis.nb
.
Wie zu erwarten, ist die Bevölkerungsdichte im Stadtgebiet größer. Also ist nach meinen Annahmen auch das Verhältnis von Klimaanlagen zu Sonneneinstrahlung größer. Im großen Stadtbereich erzeugen die Klimaanlagen nur ein drittel so viel Abwärme wie die Sonne. Im Stadtkern sieht es allerdings ganz anders aus, da käme allerdings die meiste Abwärme von den Klimaanlagen.
Wenn man deutlich weniger Kühlleistung pro Person annimmt, werden die Verhältnisse alle etwas besser. Allerdings müsste man in der Innenstadt gut unter 300 W pro Person annehmen, damit man argumentieren kann, dass es gegen die Sonnenstrahlung nicht so schlimm ist. Oder dass nur jeder zehnte dort eine Klimaanlage hat, was ich allerdings auch nicht gerade für realistisch halte. Mit Einkaufszentren und anderen gewerblichen Räumen ist es pro Person vielleicht sogar noch mehr.
Es ist schwer zu sagen, wie sich die Temperatur aufgrund der zusätzlichen Wärmeleistung verändert. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass man mit passiven Kühlmethoden (weiße Farbe, geschickt Bauen) ein deutlich angenehmeres Stadtklima hinbekommt, als wenn jedes Gebäude eine Klimaanlage hat.