CDU-Antrag zur Max-Bruch-Straße

Mein Artikel zum Parkverbot in der Max-Bruch-Straße hatte es noch nicht bis ans Ende der Entwürfe-Warteschlange geschafft, da wurde schon ein Antrag beschlossen, der das wieder rückgängig machen soll.

Zu Anfang erstmal eine kleine Zusammenfassung der Geschichte, ich habe inzwischen viele Artikel zu der Straße geschrieben. Die Max-Bruch-Straße ist eine kleine Nebenstraße in einem Wohngebiet. Da gibt es wahrscheinlich nicht nennenswert Durchgangsverkehr. Sie dient dazu, dass die Anwohner*innen zu ihren Häusern kommen können. Auch wird diese Straße wohl genutzt um aus den weiteren Straßen zur Bushaltestelle an der Endenicher Allee zu kommen. Die Straße hat auf der einen Seite einen Gehweg mit 150 cm Breite, auf der anderen Seite ist er etwas breiter. Seit Jahrzehnten werden auf beiden Seiten Auto illegal auf den Gehwegen geparkt. Es gibt nämlich keine Erlaubnis dort auf dem Gehweg zu parken (Zeichen 315).

Das illegale und für mich offensichtlich von der Stadt Bonn geduldete Gehwegparken dort wurde nicht verändert. Ich habe der Stadtverwaltung geschrieben, der Bezirksregierung. Immer kam zurück, dass einerseits nirgendwo geduldet werden würde, andererseits man eben auch die Bedürfnisse der Anwohner*innen berücksichtigen müsste. Es war frustrierend. Schließlich ist die Regelung ganz klar: Wenn da kein Zeichen 315 steht, darf man nicht auf dem Gehweg parken. Der verbleibende Gehweg ist teilweise schmaler als 100 cm, sodass man mit Gepäck, Kinderwagen oder Rollstuhl ein Problem hat. Diese Bedenken wurden immer weggewischt, schließlich gäbe es ja keine Beschwerden und das hätte bisher immer geklappt.

Nun hat die Stadt angefangen mit dem Parkraumkonzept in der Nordstadt das Gehwegparken neu zu ordnen. Erklärtes Ziel dabei ist das Freihalten der Gehwege mit einer Mindestbreite von 150 cm. Entsprechend dürfte dann in der Max-Bruch-Straße auf einem nur 150 cm breiten Gehweg gar nicht mehr geparkt werden. Und so hat die Stadtverwaltung nun mit einem Halteverbot das Parken klar geregelt. Da die Fahrbahn nicht das Parken auf beiden Seiten zulässt, darf man jetzt nur auf einer Seite der Fahrbahn parken. Das geduldete Gehwegparken wurde damit auch abgeschafft. In der Übergangszeit sollten die Leute anstelle von Strafzetteln nur Hinweise bekommen, damit sie sich umstellen können.

Aus meiner Sicht wurde an dieser Stelle nur das umgesetzt, was eigentlich schon seit Jahrzehnten in der Straßenverkehrsordnung steht und jeder beim Führerschein gelernt haben sollte: Auf Gehwegen darf nur geparkt werden, wenn es explizit erlaubt ist. Das ganze hat an sich auch keine politische Dimension. Diese Regel gibt es schon sehr lange, und es wurde auch keine neue Regel eingeführt. Letztlich wurde hier nur klar geregelt, auf welcher Seite man auf der Fahrbahn parken soll, damit möglichst viele Stellplätze entstehen können.

Angreifbar macht sich die Verwaltung allerdings in der Frage, warum das gerade jetzt passiert. Warum wurde über Jahre immer gesagt, dass man zwar generell nicht duldet, an der Stelle das aber alles schon irgendwie passt? Und warum wurde gerade jetzt angefangen dort zu kontrollieren? Das ist schon eine Frage, die dann eine politische Dimension bekommt.

Und so kam jetzt ein Änderungsantrag von der CDU in die Bezirksvertretung Bonn. Noch ein kurzer Einschub zur politischen Organisation der Stadt. Es gibt vier Stadtbezirke (Bonn, Hardtberg, Bad Godesberg, Beuel), die jeweils eine Bezirksvertretung haben. Die ganze Stadt zusammen hat noch den Rat. Und dann gibt es noch diverse Ausschüsse, besonders relevant ist der MoVe, der Ausschuss für Mobilität und Verkehr. Wenn Vorgänge nur einen Stadtbezirk betreffen, so landen sie wohl meist in einer der Bezirksvertretungen. Die Poliker*innen dort haben ebenfalls einen Bezug zu diesem Stadtbezirk. Es ist also sehr lokal.

Anträge sind generell immer so aufgebaut, dass oben kompakt das steht, was sich ändern wird, wenn der Antrag beschlossen würde. Das ist dann ohne Konjunktiv formuliert, sondern so, als wäre es schon beschlossen. Darunter kommt dann eine längere Begründung. Aus dem verlinkten Antrag zitiere ich erstmal die Beschlussvorlage:

  1. Die Verwaltung entfernt umgehend alle Halteverbotsschilder in der Max-Bruch Straße.

  2. Die Verwaltung erstellt eine Planung zur Schaffung legaler Parkstände in der Max-Bruch-Straße. Hierbei ist auch zu prüfen, in wie weit die befestigten, aber nicht versiegelten Flächen neben den Gehwegplatten als Gehweg genutzt werden können. (siehe Foto)

  3. Die Verwaltung legt der BV Bonn die Planung zur Beschlussfassung vor.

Uff. Die Abschaffung der Halteverbotsschilder wird das Gehwegparken nicht legalisieren. Das wird nur dazu führen, dass die Leute wieder illegal auf dem Gehweg parken. Das finde ich von der selbsterklärten »Law and Order« Partei schon ziemlich dünn. Aber sie machen das bestimmt mit Absicht.

Dann soll die Stadt jetzt legale Parkstände schaffen. Nun, das hat sie doch schon! Die legalen Parkstände sind auf der Fahrbahn. Durch das Halteverbot wurde jetzt klar geregelt, wo diese sind. Das ist natürlich nicht das, was gemeint ist. Ohne dass es dort steht, geht es um Parkstände auf dem Gehweg. Der ist aber zu schmal mit seinen 150 cm. Also schlägt die CDU vor den Schotter daneben zu nutzen. Da scheinen teilweise noch 100 cm Schotter neben den Gehwegplatten zu sein. Der Gehweg wäre dann 250 cm breit, man könnte 100 cm für Autos wegnehmen. Die Fußgänger*innen müssen ihren Kinderwagen oder Rollator durch den Schotter schieben, während die Autos auf den Gehwegplatten parken dürfen.

Und natürlich will die Politik der Bezirksvertretung Bonn da noch einmal draufschauen und mitentscheiden.

Ich finde das ziemlich wild. Es zeigt klar die Prioritäten bei der CDU: Parkende Autos sind wichtiger als Fußgänger*innen.

Interessant ist auch noch die Begründung für die Dringlichkeit:

Die Verwaltung hat ohne politischen Beschluss in der Max-Bruch-Straße beidseitig absolutes Halteverbot am 11. Mai 2023 eingerichtet. Damit sind rund 50 Parkstände entfallen. Dies ist für die Bewohnerinnen und Bewohner der Straße und des Viertels unzumutbar.

Wenn man nicht weiß, wie die Verwaltung arbeitet und organisiert ist, dann mag das vielleicht so erscheinen. Ich kann auch nicht einschätzen, wie sehr sich der Antragsteller da auskennt. Meinem geistigen Modell der Verwaltung widerspricht das jedoch komplett.

Verkehrszeichen werden von der Straßenverkehrsbehörde (in Bonn Verkehrslenkung genannt) angeordnet. Diese untersteht gerade nicht der restlichen Verwaltung sondern setzt nur die Straßenverkehrsordnung und die dazugehördigen Verwaltungsvorschriften um. Die Straßenverkehrsbehörde wird direkt von der Bezirksregierung Köln beaufsichtigt. Somit ist sie weder durch die Verwaltung noch durch die Politik direkt steuerbar. Natürlich können ihr Prüfaufträge gegeben werden. Das Ergebnis der Prüfung kann aber nicht vorgegeben werden. Sind mehrere Möglichkeiten umsetzbar, so kann natürlich die Politik auswählen, welche genommen werden soll. In dieser Hinsicht ist es also nicht so, dass die Politik hätte beschließen müssen, dass die Straßenverkehrsbehörde das korrekt regelt. Einzig fraglich ist, wie bereits angesprochen, warum das gerade jetzt angestoßen worden ist.

Dazu ist es auch sehr merkwürdig, dass in der Begründung von einem beidseitigen Halteverbot gesprochen wird. In der Pressemitteilung der Stadt Bonn steht klar drin, dass es nur in Fahrtrichtung Wiesenweg ein Halteverbot gibt, in der anderen Fahrtrichtung darf auf der Fahrbahn geparkt werden. Nun kann das einfach ein Flüchtigkeitsfehler sein. Es könnte aber auch sein, dass mit »Halteverbot« das schon immer illegale Gehwegparken gemeint ist. Und das wäre schon ein verstörendes Rechtsverständnis.

Weiter geht es damit, dass 50 Parkplätze entfallen wären. Nein, das waren vorher überhaupt keine Parkplätze! Von daher können sie auch nicht entfallen. Das wäre, überspitzt formuliert, als würde ich im Supermarkt bei jedem Einkauf immer ein Paket Kaffee klauen und das nicht geahndet werden. Sobald dann am Kaffee ein Schild steht »Kaffee klauen verboten« würde ich mich darüber aufregen, dass der Supermarkt den Gratis-Kaffee gestrichen hätte. Was vorher nicht da war, kann auch nicht weggenommen werden.

Was natürlich stimmt ist dass sich die Leute dort an die Duldung des illegalen Gehwegparkens gewöhnt haben. Und wenn das jetzt nicht mehr geduldet wird, dann müssen sie ich umgewöhnen. Es verändert natürlich auch Abwägungen, ob man ein eigenes Auto haben möchte. Konnte man es bisher vor der Tür parken, so ist der Preis des Autos nicht so hoch. Wenn das jetzt nicht mehr geht, dann muss man sich ernsthaft Gedanken machen, was man so mit dem Auto machen soll.

In der Begründung des Antrags finden sich noch diverse haarsträubende Dinge.

In der Max-Bruch-Straße wird seit über 50 Jahren beidseitig gekippt geparkt. Die Situation war und ist unproblematisch. Da der Parkraum in diesem Viertel sehr begrenzt ist, war das gekippte Parken fester Bestandteil des Zusammenlebens und die Bewohner haben sich, was die Gehwege betrifft, bestens arrangiert.

Aha. Ist das so? Waren dort alle zufrieden? Wie kann es sein, dass die Leute von der Behindertengemeinschaft das laut Pressemitteilung der Stadt Bonn dann gar nicht gut fanden? Zitat aus der Pressemitteilung:

Bei einem Ortstermin mit der Behindertengemeinschaft zeigte sich, dass Menschen im Rollstuhl den Gehweg nicht nutzen können.

Vielleicht wohnt dort einfach keine mobilitätseingeschränkte Person? Oder jene Personen haben sich bisher nicht zu Wort gemeldet?

Weiter aus dem Antrag:

Das Aufstellen der Halteverbotsschilder erfolgte ohne Vorankündigung und Information. Das ist an Bürgerunfreundlichkeit nicht mehr zu überbieten.

Mir fallen da schon Wege ein, dass zu überbieten: Man hätte auch einfach nachts alle Autos abschleppen können, wenn der Gehweg unter 100 cm Breite hätte. Das wäre zulässig, Abschleppen geht auch bei abstrakten Behinderungen. Die Leute hätten morgens eine leere Straße vorgefunden und hätten ihre Autos dann in Beuel abholen müssen. Von daher hat die Verwaltung hier mit dem Aufstellen der Schilder letztlich nur etwas mildes gemacht. Außerdem hat die Stadt Bonn explizit eine Gewöhnungsphase bedacht. Aus der Pressemitteilung:

In den kommenden zwei Wochen erhalten Falschparkende in der Max-Bruch-Straße, die in Richtung Wiesenweg im absoluten Halteverbot stehen, lediglich ein sogenanntes "Null-Euro-Knöllchen".

Ich halte es also für überzogene Polemik, hier von »nicht zu überbietender Bürgerunfreundlichkeit« zu sprechen. Man könnte sich überlegen, ob die Stadt an die Autos noch Flugblätter hätte machen sollen, in der auf die Straßenverkehrsordnung hingewiesen wird. Letztlich darf man davon ausgehen, dass Autofahrende die StVO kennen. Aber ja, man kann immer noch mehr kommunizieren und informieren. Ob die Leute es dann allerdings besser verstehen würden, weiß ich nicht.

Weiter aus dem Antrag:

Am Abend des 11. Mai konnten die Antragsteller verzweifelte Anwohner antreffen, die die Welt nicht mehr verstehen und deren Politikverdrossenheit an diesem Abend maximal gesteigert wurde. In diesem Fall betrifft es jedoch keinen Beschluss eines politischen Gremiums, sondern ausschließlich das Handeln der Oberbürgermeisterin als Chefin der Verwaltung, die diese Verdrossenheit und auch Wut ausgelöst hat.

Naja, wenn man Politikverdrossen wird, weil Verwaltungsvorschriften umgesetzt werden, dann ist das ziemlich schade. Ich habe diesen Moment schon etwas gefeiert, weil endlich der Gehweg in ganzer Breite nutzbar ist. Ich war ziemlich verdrossen, weil das bisher deduldet worden ist. Nun bin ich weniger verdrossen. So unterschiedlich können die Perspektiven sein.

Und wie schon erläutert, halte ich hier die Oberbürgermeisterin für gar nicht zuständig, weil die Straßenverkehrsbehörde nicht durch die OBin weisungsgebunden ist.

Weiter im Text:

Die Maßnahme ist unverhältnismäßig und nicht zu rechtfertigen. Die vorhandene Wohnstruktur aus den 50er Jahren verfügt über keine Stellplatzmöglichkeiten auf privatem Gelände. Die Anwohner haben somit keine andere Möglichkeit, als auf der Straße zu parken.

Zuersteinmal eine sprachliche Feinheit: Die »Straße« ist der komplette Raum zwischen den Häusern. Sie unterteilt sich in Fahrbahn und Nebenanlagen wie Gehwege. Es ist schon korrekt, dass die Leute keine privaten Stellplätze haben. Und ja, dann versuchen sie natürlich außerhalb ihres Grundstücks zu parken. Aber aus einem Mangel an privaten Stellplätzen ein Anrecht auf einen kostenlosen Parkplatz auf dem Gehweg vor der Tür abzuleiten finde ich schon fragwürdig. Schließlich kann ich mir auch kein Pferd kaufen und erwarten es im Stadtpark grasen zu lassen. Oder mir einfach eine Fahrradbox kaufen, sie auf dem Gehweg aufstellen und damit argumentieren dass ich sonst keinen Platz für ein Lastenrad habe. Ich kann mir einfach kein Lastenrad kaufen, weil ich keinen Stellplatz dafür habe.

Als nächstes geht es in der Begründung um die Parkplätze in den umliegenden Straßen:

Durch den Umbau der Endenicher Allee sind im Jahre 2021 rund 30 Parkstände im westlichen Bereich entfallen. Dadurch drängen zahlreiche Bewohner der Endenicher Allee ebenfalls in die Max-Bruch-Straße.

Das ist schon richtig, ich hatte zur Neugestaltung der Endenicher Allee schon geschrieben. Dort gibt es weniger Parkplätze und überhaupt keine Lieferzonen. Natürlich versuchen die Leute jetzt irgendwie anders zu parken. Das ist wirklich ein Problem, daher muss die Reduzierung der Parkplätze auch schrittweise passieren. Macht man das nicht, wird es einfach nur in andere Straßen verlagert.

Man könnte jetzt einfach sagen, dass das halt so ist. Es fallen halt bisherige Parkmöglichkeiten weg, wenn man eben einmal die StVO umsetzt und das Gehwegparken nicht mehr duldet. Wir haben auch zu viele Autos in der Stadt. Dass alle Autos auch noch mit der Zeit durch größere Modelle ersetzt werden, hilft ebenfalls nicht. Und wenn es nicht ein Mangel an Parkplätzen ist, wie soll denn ein Umdenken angestoßen werden? Solange es ein hinreichendes Angebot an Parkplätzen gibt, besteht doch gar nicht die Not sich mal zu überlegen, ob man die Wege nicht anders absolvieren kann. Und gerade in Endenich stehen die Busse häufig im Autostau, sind also immer langsamer als die Autos. Natürlich sind die dadurch nicht attraktiv.

Diese Maßnahme ohne politischen Beschluss ist umso unverständlicher, als in Endenich ohnehin ein sehr großer Parkdruck herrscht. Wenn nun die ca. 50 Parkplatzsuchenden ihre Autos in den Ortskern von Endenich „verschieben“, gefährdet dies auch die Existenz der dort ansässigen Kultureinrichtungen, die auch auf auswärtige Besucherinnen und Besucher angewiesen sind, die keine andere Möglichkeit haben als mit dem Auto anzureisen.

Das Argument ist also, dass Einrichtungen wie die Springmaus und die Harmonie sich nicht mehr halten könnten, wenn durch Verschiebungen von Anwohnerparken die Besucher*innen nicht mehr direkt in der Nähe parken können. Also wenn es dort keinen Parkplatz direkt in der Nähe gibt, würden die Leute einfach nicht mehr kommen. Das mag gut sein, wenn man in einer autozentrierten Vorstadt wohnt und gewohnt ist, immer direkt vor der Tür parken zu können.

Das Narrativ von »keine andere Möglichkeit« ist aber gewagt. Vor der Springmaus gibt es die Haltestelle Frongasse, vor der Harmonie die Haltestelle Magdalenenplatz. Auch bei der Max-Bruch-Straße gibt es eine Bushaltestelle direkt vor der Tür. In der folgenden Karte von Open Street Map habe ich einmal die »Kulturmeile« und die Max-Bruch-Straße eingezeichnet. Dazu sieht man auch noch die ganzen Buslinien, mit denen man Endenich erreichen kann: 606, 607, 608, 609, 631, N2, N6. Wenn man bereit ist ein bisschen weiter zur nächsten Bushaltestelle zu gehen, erreicht man noch die Linien 604, 610, 800, N6.

Es gibt also durchaus Möglichkeiten Endenich ohne Auto zu erreichen. Und gerade bei derartigen Veranstaltungen wird doch in unserer Alkoholkultur meist etwas getrunken. Somit ist die Anfahrt ohne Auto doch eigentlich ganz erstrebenswert.

Das entscheidende Stichwort ist allerdings »auswärtig«. Es geht also womöglich hauptsächlich um jene Leute, die weder in Endenich, noch in Bonn wohnen. Also Leute aus den Speckgürtelstädten Alfter, Meckenheim, Rheinbach, Bornheim, Sankt Augustin, Troisdorf, Siegburg. Ich erkenne an, dass gerade so etwas wie Harmonie und Springmaus ein größeres Einzugsgebiet braucht. Nicht alle Endenicher*innen gehen alle paar Tage dort zu einer Vorstellung.

Mir scheint hier allerdings das Interesse von Leuten, die in Bonn überhaupt nicht wählen können, über jene Interessen von Endenicher*innen gestellt zu werden. Das sehe ich so, weil ich eben annehme, dass die Anwohner*innen gerne die Gehwege nutzen wollen. Und da ist dann wohl der Knackpunkt: Vielleicht gibt es eine Mehrheit der Anwohner*innen, denen Parken wichtiger ist als Gehen. Das fände ich erschreckend, aber dann ist das eben so. Wenn diese Leute ihre Interessen in der Politik vertreten bekommen, finde ich das gut. Aber dass die Politik die Interessen von irgendwelchen Leuten außerhalb anführt, fine ich nicht in Ordung.

Auf gewisse Weise kann man natürlich jetzt Springmaus und Harmonie als jene hervorstellen, deren Interessen gewahrt werden sollen. Das Interesse möglichst viel Einzugsgebiet abdecken können, damit möglichst viele Eintrittskarten verkauft werden, kann ich verstehen. Und dafür braucht man dann entsprechend Parkplätze. Man könnte aber auch hier überlegen, warum dann diese Betriebe nicht Parkplätze anbieten.

Um es mal ganz brutal zu formulieren: Wenn sich Springmaus oder Harmonie ohne Parkplätze nicht halten können, dann wird sich dort etwas anderes etablieren, was ohne die Parkplätze auskommt. Das ist aber etwas, was man nicht unbedingt wollen kann. Oder die Harmonie zieht dorthin um, wo es mehr Parkplätze gibt. In Holzlar gibt es zum Beispiel genug Parkplätze, allerdings wirkt das auf mich eher wie ein Schlafort ohne wirklich aktives Zentrum. Es wird schon seinen Grund haben, warum so etwas nicht in Holzlar ist. Da fehlt dann auch die Bar, um danach noch etwas trinken zu gehen. Das Restaurant, um vorher noch etwas essen zu können. Es braucht einen lebendigen Ortskern, damit man da einen guten Abend haben kann. Und einen lebendigen Ort bekommt man nicht allein durch Parkplätze.

Es ist also nicht so einfach, welche Interessen hier alle vorliegen. Vor allem würde mich einmal interessieren, wie die Leute zu den Veranstaltungsorten anreisen und von woher. Dann könnte man nämlich wirklich evaluieren, ob sie für den wirtschaftlichen Betrieb unverzichtbar sind und ob die Leute nicht auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen würden.

In die südliche Richtung können die Parkplatzsuchenden auch nicht ausweichen, weil in diesem angrenzenden Bereich eine große Zahl von Parkplätzen - auch nachts - von der Universität Bonn bewirtschaftet wird.

Das Framing finde ich großartig: Es gibt da ganz viele Parkplätze, aber die kosten ja alle! Also wir zahlen für unsere Wohnung eine Miete. Das sind so in der Größenordnung von 13 EUR/m²/Monat. Ein Autoparkplatz braucht mindestens 10 m², eher mehr. Von daher sind das dann schnell 100 EUR/Monat, die ein angemessener Preis dafür sind. Warum sollte die Stadt auf diese Einnahmen verzichten und das gratis bereitstellen? Kostenlos ist der Unterhalt von Straßen keineswegs. Die Leute könnten also bei der Universität parken, müssten dafür aber bezahlen.

Auch im vorher zitierten Absatz wird von »Parkdruck« gesprochen. Gerade dann sollte doch eine Parkraumbewirtschaftung eingeführt werden, damit die Nachfrage nach dem begrenzten Gut Parkraum entsprechend angepasst werden kann.

Wirklich schräg finde ich diesen Satz:

Die Verbotsmaßnahme führt nun zu verkehrswidrigen, insbesondere die Fußgänger gefährdenden, Falschparken, weil den Bürgerinnen und Bürgern keine andere Möglichkeit bleibt.

Also das, was da vorher war, war verkehrswidriges Falschparken, das die Fußgänger*innen behindert hat. Mit dem Halteverbot ist klar geregelt, wo man parken darf. Wie legales Parken den Fußverkehr gefährdet, verstehe ich an der Stelle nicht.

Gemeint ist wohl, dass die Leute jetzt an anderen Stellen noch illegaler parken, als sie es vorher in der Max-Bruch-Straße getan haben. Gut, da bräuchte man dann wohl einen Ordnungsdienst, der tatsächlich mal in den Wohngebieten kontrolliert und entsprechend die Autos abschleppt. Das ist aber seitens der Verwaltung nicht gewollt, wurde mir im persönlichen Gespräch mehr oder weniger direkt mitgeteilt. Leute könnten ja anrufen, wenn es sie stört. Wer also in Endenich wohnt und jetzt einen zugeparkten Gehweg findet, kann gerne bei der 0228 77 3333 anrufen und das als »Verkehrsbehinderung« melden. Dann kommen die vorbei und tun was.

Zuletzt versuchen sie es dann mit dem Fallbeispiel:

Die Mutter, die ihr Kind morgens in Kessenich in den Kindergarten bringt, weil es in Endenich keinen Platz gab, und dann weiter nach Hennef zu Arbeit fährt, wird wohl kaum ihr Auto abschaffen können.

Mal ist es die Krankenschwester, die zur Nachtschicht fahren muss. Mal der Mann, der ganz spontan eine Waschmaschine transportieren muss. Oder die Person, die in der Stadt wohnt und dann aufs Land fahren muss, um ein krankes Elternteil zu pflegen. Nun ist es halt die Mutter, die ihr Kind zum Kindergarten bringt.

An sich ist das erstmal verständlich. Mit dem angespannten Wohnungsmarkt kann man sich effektiv nicht aussuchen, wo man wohnt. Man muss nehmen, was man bekommen kann. Und Kindergartenplätze teilt die Stadt im kompletten Stadtgebiet zu, das ist absurd. Der Arbeitsort ist auch nicht frei wählbar. Insbesondere wenn in einer Partnerschaft beide Arbeiten und verschiedene Arbeitgeber haben. So ist es zum Beispiel bei meiner Frau und mir, wir haben Arbeitsplätze in Bonn bzw. Köln. Es gibt keinen Wohnort, bei dem wir beide fußläufig zur Arbeit kommen können. Mindestens eine Person muss lange fahren. Wir fahren allerdings beide mit dem Nahverkehr zur Arbeit.

Dass Kindergartenplätze in anderen Stadtteilen überhaupt zumutbar sind, liegt auch an der Erwartungshaltung, dass die Leute ein Auto haben. Wenn man ihnen dann die Möglichkeit nimmt, das Auto vor der Tür zu parken, geht das nicht mehr auf. Es ist in der Tat eine dumme Situation und mühsam für die Person.

Die Frage ist halt, was wir jetzt daraus machen. Wie kommen wir weg von einer Stadt, in der man ein Auto braucht? Wir bräuchten hier zum Beispiel deutlich mehr Kindergärten und die Möglichkeit die Plätze an den Wohnort zu übertragen. Das ist allerdings etwas, das sich nicht kurzfristig lösen lässt. Ebenso dass Städte wie Hennef zwar ganz akzeptabel mit dem Nahverkehr angebunden sind, mit dem Auto aber viel besser. Mit dem Auto fahre ich von Endenich auf die A 565, dann auf die A 59, danach auf die A 560 und bin in Hennef. Da steht man zwar im Stau, man muss aber nicht umsteigen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln muss ich von der Max-Bruch-Straße die 606 oder 607 zum Hauptbahnhof nehmen. Dann dort von der Haltestelle Quantiusstraße zur Straßenbahn 66 gehen. Die nehme ich bis Siegburg Bahnhof. Dort steige ich in den RE oder die S-Bahn nach Hennef. Und von dort muss ich dann den jeweiligen Bus zu meinem Ziel nehmen. Das dauert bedeutend länger als mit dem Auto. Ich kann schon verstehen, dass man das nicht machen, wenn es mit dem Auto geht. Der Frau jetzt sagen, dass sie sich einen neuen Job suchen soll, wenn das Pendeln mit dem Auto ohne Parkplatz nicht sinnvoll geht? Auch etwas an der Realität vorbei.

Wir haben da jetzt seit Jahrzenten geduldet abgestellte Autos. Die Leute haben sich damit arrangiert, dass man dort parken kann. Sie haben sich ein Auto gekauft und es in ihren Alltag eingeplant. Bei Jobsuche, Wohnungssuche oder der Annahme eines Kita-Platzes haben sie das einbezogen. Jedoch werden wir es nicht schaffen nur durch angenehme Angebote hinreichend viele Leute dazu bringen können ihr Auto abzuschaffen. Das Auto wird immer attraktiver sein, außer man macht es ähnlich schlecht wie der Nahverkehr ist. Bei unzuverlässigen Bussen, Wartezeiten und längeren Fahrtzeiten ist es wenig verwunderlich, dass man das nicht freiwillig abgibt. Man muss sich jetzt fragen, ob man als Politik diesen Widerstand in Kauf nimmt, um eine Vision einer fußgängerfreundlichen Stadt umzusetzen. Oder eben die Parkplätze verteidigt mit Argumenten, dass der Rest ja auch vom Auto abhängig ist. Auch hier gibt es wohl keine einfachen Antworten. Die Autoabhängigkeit ist über Jahrzehnte gewachsen, somit wird es wohl Jahrzehnte dauern sich aus ihr zu lösen. Somit braucht es kleine Schritte.

Es wird seitens der konservativen Parteien argument, dass man keinen »Klimaschutz mit der Brechstange« machen dürfte. Ich fürchte allerdings, dass irgendwann der Klimawandel mit der Brechstange vor der Tür steht und Fakten geschaffen hat. So wichtig es ja ist die Bürger*innen mitzunehmen, so muss man irgendwann auch realistisch sein. Mir kommt es manchmal so vor, wie einem Kleinkind aus Konfliktscheue heraus nie zu verbieten den ganzen Tag Eiscreme zu essen.

Nun haben wir in Bonn eine OBin von den Grünen, der Rat wird auch von den Grünen geführt. Es gab eine Koalition aus Grüne, SPD, Linke und Volt. Der Antrag von der CDU kommt daher aus der Opposition, man bräuchte ihn nicht weiter zu beachten.

In der Bezirksvertretung Bonn gab es schon zu Start ein paar Reibungen bei der Bildung der Fraktionen, einzelne Abgeordnete hatten sich abgespalten. Und nun ist an den Fahrradstraßen, bei denen ebenfalls Parkplätze weggefallen wären, die Koalition in der Bezirksvertretung Bonn aufgekündigt worden. Die SPD hatte da anscheinend große Bedenken bei. Und nun hat die SPD auch diesem Antrag der CDU hier zugestimmt. Ich würde dies nun als die »Parkplatzkoalition« bezeichnen.

An sich finde ich es sehr erfrischend, dass ohne eine Koalition gearbeitet wird. Mich hat es auf Bundesebene immer sehr gestört, wenn die Abgeordneten im Bundestag eigentlich nur als Sitze einer Mehrheit gezählt werden. Wenn es darum gehen würde, bräuchten wir gar keinen Bundestag mehr. Wir könnten einfach proportional die Stimmen vergeben und eine Bundesregierung, die aus Parteien besteht, die die Mehrheit haben, könnte einfach so durchregieren. Mit der Arbeit in den Ausschüssen stimmt es natürlich nicht so ganz. Da kommen auch vielfältige Stimmen zu Wort, die Fraktionen folgen dann ihren jeweiligen Leuten in den Ausschüssen.

Jedenfalls ist der Erhalt von Parkplätzen Mehrheitsfähig, die Befreiung von Gehwegen von geparkten Fahrzeugen und die Wiederherstellung von Nutzbarkeit für mobilitätseingeschränkte Personen aber nicht. Das finde ich sehr frustrierend, weil damit meine Meinung nicht mehr der Mehrheit entspricht. Ich hatte gehofft, dass wir da als Stadt weiter gewesen wären. Vor zwei Jahren haben die Parteien (inklusive CDU!) mit breiter Mehrheit den Radentscheid angenommen. Nun, wo es an die Umsetzung geht, scheinen die politischen Mehrheiten zu bröckeln. Auch wenn in diesem Fall verwaltungsrechtlich gar kein knappes Gehwegparken eingerichtet werden kann, so können wir vom Radentscheid nicht mehr darauf vertrauen, dass Maßnahmen zur Umsetzung des Radentscheides an anderen Stellen beschlossen werden.

Es fühlt sich an wie früher, als man für den Radverkehr eben noch keine Mehrheit hatte. Und das finde ich schon recht bedrückend. Wir müssen jetzt also schauen, was die Verwaltung aus diesem Auftrag macht. Und was dann dort in der Straße umgesetzt wird. Der Beschluss der Fahrradstraßen, die für das Radverkehrsnetz wichtig sind, ist also auch unklar. Und der Beschluss des Hauptroutennetzes dann ebenfalls. Es bleibt spannend, wenn auch ein bisschen frustrierend.

Reaktion von der Stadt

Nun ist ein Schreiben von der Stadt aufgetaucht, in dem die Verwaltung gerichtet an die Anwohner*innen die Situation erklärt. Das Gehwegparken war schon immer illegal, und es wird auch illegal bleiben. Es werden auch konkrete Bußgelder angeführt, die bei Gehwegparken fällig sein können.

Die Stadtverwaltung scheint hier also diese Duldung nicht wieder einführen zu wollen. Somit bleibt es bei der besseren Situation für den Fußverkehr.