Autofahrt nach Moberly (2011)

Drei Jahre nachdem ich für ein Austauschjahr in den USA war, habe ich meine Gastfamilie noch einmal besucht. Und witzigerweise waren die beiden anderen Austauschschülerinnen, die sie in den Jahren danach hatten, auch gleichzeitig da. Wir sind dann alle zusammen nach Moberly gefahren, dort hatte die Gastfamilie noch Verwandtschaft. Von Festus aus sind das ungefähr drei Stunden Fahrtzeit gewesen. Und das nur über Interstates, die letztlich nur geradeaus geführt werden.

In dieser Hinsicht war die Autofahrt ziemlich öde. In den USA gibt es auch kein Rechtsfahrgebot. Wenn man also noch länger auf einer Interstate fährt, kann man durchaus eher auf den linken Fahrstreifen fahren. Die übliche Höchstgeschwindigkeit sind 75 Meilen/Stunde, also 120 km/h. Und dann ist man dort einfach unterwegs, alle anderen fahren die gleiche Geschwindigkeit.

Man kann auch auf dem Foto noch ein interessantes Detail bei den Fahrbahnmarkierungen in den USA erkennen. Sie nutzen weiße Farbe um Fahrstreifen gleicher Fahrtrichtung (oder Rand) zu markieren. Der Verkehr anderer Fahrtrichtung wird durch gelbe Linien gekennzeichnet. Und so ist die linke Fahrbahnbegrenzung gelb, die rechte Fahrbahnbegrenzung weiß und die gestrichelten Linien dazwischen sind ebenfalls weiß.

Das einzige, was man während der Fahrt sehen konnte, waren Maisfelder, die höchstens von Sojafeldern unterbrochen worden sind.

Wir sind einem Ford F-150 Pick-Up-Truck gefahren, sozusagen der VW Golf in den USA. Jener hatte einen 6,0 Liter V8-Motor, komplett übertrieben. Und das ganze dann mit nur einem Auspuffrohr und merkwürdiger Zündreihenfolge der Zylinder, sodass das ganze laut bollert. Jedenfalls sind wir irgendwann in Moberly angekommen.

Er hat sich sehr gefreut, dass er so sparsam fahren konnte und 16 Meilen/Gallone rausgeholt hat. Wenn man das umrechnet, so kommt man auf eine eher ernüchternde Zahl: $$ \frac{1}{16} \frac{\text{gal}}{\text{mi}} \frac{3{,}78 \, \text{l}}{\text{gal}} \frac{\text{mi}}{1{,}6 \, \text{km}} = 14{,}8 \, \frac{\text{l}}{100 \, \text{km}} \,. $$

Ich hatte das damals im Kopf überschlagen und meinte, dass man mit in Deutschland üblichen Autos eher so auf 7 l/100 km kommen könnte. Aber die würden ja nicht ordentlich fahren und könnten auch nicht beschleunigen. Das sind wohl einfach zwei Weltanschauungen, die man nicht übereinanderbringen kann.

Ich wurde auch vorgewarnt, dass die Leute da in der middle of nowhere ein bisschen schlichter sind. Ich sollte mit denen nicht über Autos diskutieren, für die gibt es nur zwei Marken: Ford und Chevrolet. Alles andere existiert einfach nicht. Die Fernsehwerbung für die Trucks ist auch immer sehr unterhaltsam gewesen. So hat Ford für den F-150 hauptsächlich das Pathos des Malochers bemüht, der ein zuverlässiges und starkes Auto braucht. »Built Ford Tough« war deren Slogan. Chevrolet hat für den Silverado ein ganz ähnliches Bild gezeichnet, und implizit den Ford abgewertet. Toyota hat es als japanische Marke schwer bei der Landbevölkerung anzukommen. Sie versuchen es über Vernunft, werben mit Treibstoffeffizienz, großen Bremsscheiben und intelligenten Assistenzsystemen. Das spricht mich noch am ehesten an, aber die Leute dort finden, man könnte mit einem »Reiskocher« doch nicht ernsthaft durch die Gegend fahren und schwere Dinge ziehen. Dodge versuchte mit dem RAM einen Mittelweg zu machen. Das war die erste Marke, die die dynamische Zylinderabschaltung beworben hat. Wenn man einfach nur geradeaus fährt, braucht man keine acht Zylinder. Und so werden die dynamisch abgeschaltet, der Treibstoffverbrauch sinkt ein wenig. Aber wenn man die Leistung dann braucht, so hat der Mann seine acht Zylinder auch verfügbar.

Wir haben dann dort einfach nicht über Autos gesprochen, sondern hatten ein ganz warmherziges Familientreffen. Und das finde ich bei den US-Amerikanern immer wieder sehr angenehm, wie nett sie meist alle sind.