Auswertung Pilotphase Deutschlandticket

Ich fahre ziemlich wenig mit dem Nahverkehr, daher lohnt sich das Deutschlandticket für mich wahrscheinlich nicht. Um das ganze zu prüfen, habe ich eine wissenschaftlich begleitete dreimonatige Pilotphase durchgeführt. Hier ist die Auswertung.

Einfach ein Abo abschließen und nutzen, wo kämen wir da hin? So ein Ding braucht ein Projekt, ein Pilotphase, Auswertung und anschließende Handlungen.

Um sinnvoll Statistik machen zu können, braucht es vorher Hypothesen, die man testen möchte. Und diese hier habe ich gewählt:

  1. Verändert sich mein Fahrverhalten, wenn ich das Abo habe?
  2. Fahre ich mit Abo genug, damit sich das Abo lohnt?

Um einen Vergleich zu haben, hatte ich schon deutlich länger alle Ausgaben für den Nahverkehr aufgeschrieben. Das sieht so aus:

Da ist jeweils der Tag, der Betrag für das Ticket und ob das eine Fahrt in der Freizeit oder Arbeitsweg ist. In der letzten Spalte erfasse ich, ob es tatsächliche Kosten waren oder nicht. Virtuelle Kosten entstehen, wenn ich eine Fahrt mit aktivem Abo mache, das ist dann das eingesparte Geld. Damals hat mich meine Frau auch teilweise mit ihrem Jobticket mitgenommen. Dann habe ich eine Fahrt in dem Wert in Anspruch genommen, hatte aber nicht selbst die Kosten.

Die Erhebung der tatsächlich angefallen Kosten ist wichtig für die Steuererklärung. Für die Auswertung hier ist nur wichtig, wie teuer die Fahrten in einem Monat zusammen gewesen sind.

Betrachtung der Fahrten

Ich habe mir also für die Monate September, Oktober und November 2023 das Deutschlandticket für je 49 EUR geholt und dort weiter mein Fahrverhalten aufgezeichnet.

Die Ticketkosten für eine Bahnfahrt ins Büro waren im Jahr 2023 pro Strecke 5,52 EUR. Eine Fahrt innerhalb von Bonn kostete 3,10 EUR. Ich fahre höchstens einmal die Woche ins Büro, von daher sind das in den meisten Monaten maximal 44,16 EUR, die ich da aufwende. Teilweise fahre ich die Strecken auch mit dem Fahrrad, fühle mich nicht so ganz fit genug um ins Büro zu fahren, bin richtig krank oder habe Urlaub. So hatte ich im Jahr 2023 nur 32 Bürotage, obwohl das Jahr ja 52 Wochen hat. Davon bin ich 9 Mal mit dem Fahrrad gefahren, bleiben also nur 23 Tage, an denen ich die Bahn genommen hatte. Das ist im Schnitt eine Bahnfahrt alle zwei Wochen, somit lohnt sich das Ticket mit 49 EUR/Monat dafür alleine nicht, das ist ziemlich klar.

Aber wie schaut es denn mit privaten Fahrten aus? Ist da mehr zusammen gekommen? Und tatsächlich habe ich zwei Radtouren gemacht, bei denen ich mit der Bahn angereist bin. Einmal bin ich nach Düren gefahren, da hätten mich die Einzeltickets am Ende 24,25 EUR gekostet. Damit hatte ich das Ticket dann gut drin. Mit Fahrten zur Arbeit bin ich auf 63,57 EUR gekommen.

Im Oktober war es aber ein Verlustgeschäft. Da habe ich zwar das Deutschlandticket für 49 EUR geholt, aber nur Fahrten im Wert von 20,34 EUR absolviert. Und im September habe ich Fahrten im Wert von 53,98 EUR absolviert, auch hier hat sich das Ticket gelohnt. Das lag vor allem daran, dass ich einmal für 31,90 EUR nach Neuss und zurück gefahren bin.

Man kann jetzt sagen, dass es in zwei von drei Monaten gut gelaufen ist. Man kann auch mal die drei Monate zusammenrechnen und kommt dann auf 137,89 EUR Fahrten gegen 147 EUR Abokosten. Das hat sich also nicht gelohnt.

Steuerliche Absetzbarkeit

Man kann seine Fahrtkosten bei der Steuererklärung absetzen. Dabei kann man beim Nahverkehr die tatsächlichen Kosten absetzen. Mit Einzeltickets kann ich nur die Tickets für die Arbeitswege absetzen. Mit dem Abo kann ich allerdings das ganze Abo absetzen und das dann auch noch privat nutzen. Das ist vom Gesetzgeber explizit so gemacht, damit der Nahverkehr hier besser als das Auto gestellt ist. Man kann auch die Kosten in voller Höhe absetzen und nicht nur bis zu einer Pauschale. Ich kann über das Abo also meine privaten Fahrten absetzen.

Das klingt toll, insbesondere wenn man einen hohen Grenzsteuersatz hat. So kann man gut 40 % der Kosten zurückbekommen. Das 49-EUR-Ticket kostet dann also nur noch 30 EUR. Im Pilotzeitraum wären es dann 90 EUR netto, unterhalb dessen was ich vorher ausgegeben habe. Gut, man müsste noch den Steuervorteil der Einzeltickets für die Arbeit rausrechnen.

Das ganze ist aber auch müßig. Man hat schließlich einen Arbeitnehmerpauschbetrag von inzwischen 1200 EUR. Man muss erstmal Kosten in dieser Höhe haben, einen Unterschied machen erst die Kosten jenseits dieser Pauschale. Selbst wenn man das ganze Jahr das Ticket bucht, sind das gerade einmal 600 EUR. Dazu kommt noch die Homeoffice-Pauschale. Hier komme ich bei 220 Arbeitstagen und 32 Bürotagen, abzüglich Krankheitstagen auf vielleicht 170 Tage im Arbeitszimmer. Multipliziert mit den 5 EUR Pauschale erhalte ich dann 850 EUR absetzbare Kosten.

Addiert man nun die 600 EUR vom Ticket drauf, so sind wie bei 1450 EUR. Das sind also 250 EUR über der Pauschale. Davon gibt es 40 % zurück, sind 100 EUR. Somit kostet mich das Ticket also nicht 600 EUR/Jahr sondern nur 500 EUR/Jahr. Pro Monat sind das dann 42 EUR. So einen krassen Unterschied macht das also nicht.

Von daher habe ich mich entschlossen den Steuervorteil nicht weiter zu berücksichtigen.

Neue Preise 2024

Im neuen Jahr sind jetzt zwei Dinge passiert: Zum einen haben die Nahverkehrsverbünde die Kosten erhöht. Die einfache Fahrt ins Büro kostet mich jetzt 6,11 EUR (vorher 5,52 EUR). Damit steigen die Kosten.

Andererseits hat mein Arbeitgeber nun die Option für ein Deutschlandticket als Jobticket eingeführt. Damit reduziert sich der Preis um 30 %, es kostet dann nur noch 34,30 EUR. Und schon lohnt sich das Ticket bei 2,8 Bürofahrten/Monat. Wenn ich also zwei von drei Wochen mit der Bahn fahre, habe ich den Gleichgewichtspunkt erreicht. Fahre ich öfter oder fahre noch privat, dann hat es sich noch mehr gelohnt.

Fazit

Vielleicht mache ich mit den neuen Preisen nochmal eine Pilotphase. Im Winter fahre ich auch mehr mit der Bahn, bei der Kälte ist die Radtour ins Büro einfach zu anstrengend.

Zunächst werde ich wohl mit Einzelscheinen weitermachen. So richtig krass ist es weder in die eine oder andere Richtung, von daher ist das auch gar nicht so wichtig hier die perfekte Lösung zu finden. Immer, wenn es schwer zu entscheiden ist, sind beide Optionen schließlich nicht so weit auseinander.