Anlagezeitraum beim MSCI World

Ich investiere unter anderem in einen MSCI World ETF. Und dabei stellt sich natürlich die Frage, wie riskant das ist. Man hört immer wieder, dass man bei Aktien mindestens 5 bis 7 Jahre, oder besser lieber 10 Jahre Zeit haben sollte.

Letztlich sind das Wahrscheinlichkeiten, die man anhand der historischen Daten versuchen kann abzuschätzen. Diese Daten kann man herunterladen und dann anschließend etwas analysieren.

Preisentwicklung

Zuerst schauen wir uns einmal die Preisentwicklung an. Dazu tragen wir einfach nur den Preis gegen die Zeit auf. Ich habe dabei die Preisachse logarithmisch skaliert, damit man das konstante exponentielle Wachstum einfach als Gerade sehen kann. Dies sieht dann wie folgt aus:

Mit dem Mausrad kann man Zoomen.

Man kann ganz gut die Abstürze um den Dotcom-Crash und die Bankenkriese erkennen. Insgesamt kann man da aber eine gerade Linie daranlegen und sieht, dass es ziemlich gut nach oben geht.

Darstellung Start bis Ende

Wir können daraus eine erste andere Darstellung ableiten. Wir nehmen uns jeden Jahresanfang, damit es nicht zu viele Daten sind. Dann nehmen wir jede Kombination aus Kaufs- und Verkaufsjahr und schauen uns den mittleren Jährlichen Gewinn an.

Ist der Kaufspreis $K$ und der Verkaufspreis $V$, so haben wir einen Zuwachsfaktor von $V/K$. Ziehen wir davon $1$ ab, um den reinen Gewinn zu bekommen, haben wir $V/K - 1$. Natürlich passiert über längere Zeiträume mehr, daher normalisieren wir das auf einen Gewinn pro Jahr. Dazu potenzieren wir den Faktor mit dem Kehrwert der Jahre $J$. Wir erhalten somit einen jährlichen Gewinn von $$ \left( \frac VK \right)^{1/J} \,. $$

Im folgenden Diagramm ist jede Zeile ein Kaufzeitpunkt, jede Spalte ein Verkaufszeitpunkt. Grüne Kästchen zeigen einen Gewinn an, pinke Kästchen einen Verlust. Wir können sehen, dass Investitionszeiträume von nur einem Jahr, also direkt an der Diagonalen, ziemlich turbulent sein können. Sobald man länger hält, im Diagramm also nach oben-rechts geht, wird es ruhiger. Generell wird es auch grüner.

Geht man mit der Maus über die Grafik, werden die Werte noch angezeigt.

Man kann hier ganz gut ablesen, woher die empfohlenen fünf Jahre kommen. Dort wird es einfach recht ruhig, es ist historisch wahrscheinlich, dort einen Gewinn zu machen. Daher empfehlen Makler dies auch.

Quantil-Bänder

Das ist in der Betrachtung so auch ganz nett und hoffentlich intuitiv. Man sieht, dass längere Zeiträume ruhiger sind. Mit kurzen Zeiträumen konnte man sich gerade um die Krisen herum ziemliche Verluste einfahren. Aber das meiste ist doch grün! Wie wahrscheinlich ist es also, dass man Verluste hat?

Man kann sich für jeden Zeitraum, also jede Diagonale im oberen Bild, die Quantile anschauen. Wir schauen also, wie groß Maximum, Minimum, Median und die dazwischenliegenden 25 %- und 75 %-Quantile liegen.

Im folgenden interaktiven Graphen kann man diese fünf Quantile für jeden Haltezeitraum als Linie sehen. Die unterste Linie ist der Worst-Case, die oberste Linie der Best-Case. Die Linien dazwischen zeigen, wie gut es mit jeweils 25 %, 50 % und 75 % Wahrscheinlichkeit ist. Diesmal ist der Gesamtgewinn über den ganzen Zeitraum dargestellt.

Zoomt man bei 120 Monaten rein, so kann man folgendes ablesen:

  • Der schlimmste historische Verlust mit einer Haltedauer von exakt 120 Monaten war -33 %. Das tut schon echt weh, ist aber auch kein Totalausfall.
  • Der beste historische Gewinn war 685 %, das hat sich extrem gelohnt.
  • Der Median liegt bei 136 % Gewinn. Der Median ist das 50 %-Quantil. Dies bedeutet, dass 50 % der historischen 120-Monate-Zeiträume einen besseren Gewinn eingefahren hane, und 50 % einen schlechteren.
  • Das 25 %-Quantil ist bei 88 %. Das bedeutet, dass 25 % der historischen 10-Jahres-Zeiträume schlechter waren, und 75 % besser waren.

Und gerade der letzte Punkt macht Hoffnung. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es historisch nur bei über 15 Jahren. Aber wenn man bereit ist ein bisschen Risiko einzugehen, dann kann man auch mit kürzeren Zeiträumen gut fahren.

Quantil-Heatmap

In der obigen Darstellung sind nur ausgewählte Quantile dargestellt. Aber wie wäre es, wenn man noch mehr davon hätte? Dazu müssen wir die Darstellung etwas umdrehen und tragen jetzt die Quantile gegen den Haltezeitraum auf. In der Farbe steckt jetzt, wie viel Gewinn pro Jahr erzielt worden ist. Grün ist wieder Gewinn, rosa steht für Verlust. Ich habe bei 100 % Gewinn abgeschnitten, damit die Skala nicht durch einzelne extrem gute Monate gesprengt wird. Im Tooltip steht der exakte Wert.

Diese Grafik muss man nun wie folgt lesen: Jedes Kästchen ist einem Haltezeitraum und einem Quantil zugeordnet. An der Farbe kann man sehen, wie gut es lief. Schaut man beispielsweise bei 12 Monaten Haltezeit und dem 20 %-Quantil, so findet man dort den Gewinn von -1,27 %/Jahr. Das bedeutet, dass wenn man historisch 12 Monate gehalten hat, 20 % der Zeiträume schlechter gelaufen sind als -1,27 %/Jahr. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 80 % der Zeiträume besser gelaufen sind.

Nun ist es eine Frage der persönlichen Risikofreudigkeit, um sich eine minimale Haltedauer herauszusuchen. Ich habe nicht alles Geld im ETF, sondern genug auf dem Tagesgeldkonto um auch unerwartete Ausgaben davon stemmen zu können. Auch mittelgroße Anschaffungen sollten damit realisierbar sein. Damit muss ich also nicht kurzfristig an das Geld. Und falls ich eine Immobilie erwerben würde, würde sich das wahrscheinlich vorher ankündigen. Nehmen wir einmal an, dass ich mindestens 12 Monate investieren möchte. Das ist nach den üblichen Lehren viel zu kurz für Aktien.

Schauen wir bei 12 Monaten im Plot und gehen so lange nach oben, bis der Gewinn positiv wird, wir also keinen Verlust haben. Das ist im 25 %-Quantil der Fall. Ich habe also bei einer Anlage auf 12 Monate ein Risiko zwischen 20 und 25 %, dass ich irgendeinen Verlust mache. Aber bei 15 % Risiko ist der Verlust gerade einmal -5,8 %. Das ist unangenehm, aber so richtig schlimm ist es nicht. Und zu mehr als 75 % mache ich Gewinn durch die Anlage. Zu 50 % besteht auch die Chance auf 14,4 % Rendite oder mehr. Das ist schon echt ordentlich!

Geht man zu 24 Monaten, dann fängt der Gewinn schon im 20 %-Quantil an. So richtig üble Abstürze gibt es dann auch nicht mehr. Selbst der schlimmste Fall mit -28 % ist kein Totalverlust.

Insgesamt stabilisiert es sich dann so, dass innerhalb von fünf Jahren der Verlustfall nur in grob 20 % der Fälle eingetreten ist.

Das ganze kann man sich den Gesamtgewinn anschauen kann. Denn gerade jährliche Verluste akkumulieren sich zu mehr, als man intuitiv vielleicht aus der Grafik abliest. Daher hier nocheinmal mit dem Gesamtgewinn.

Diese merkwürdige Verzerrung am Anfang ist dann weg, dort war dann die Rendite auf das ganze Jahr hochgerechnet, was so aber nie umsetzbar ist. Man sieht, dass die Farben zu längeren Zeitpunkten kräftiger werden, es passiert einfach mehr. Vor allem ist aber das 5 %-Quantil für egal welchen Zeitraum bei maximal -32 % Gesamtverlust. Das erscheint mir eigentlich recht robust. Das 10 %-Quantil geht auf -20 % Gesamtverlust runter, das erscheint mir noch überschaubar. Wie in der anderen Grafik auch ist der neutrale Punkt immer so im 20 %-Quantil, daran ändert die andere Aufrechnung nichts.

MSCI Emerging Markets

Die gleichen Plots können wir auch mit dem MSCI Emerging Markets Index machen. Dazu holen wir die Daten und erstellen erstmal den Preisverlauf:

Dann die Gewinne und Verluste nach Jahren:

Der Plot mit den oberen und unteren Schranken:

Die Quantile mit jährlichem Gewinn und Verlust:

Und die Quantile mit dem Gesamtgewinn- und verlust:

Fazit

Ich nehme mit, dass es schon Risiken gibt, die aber auch auf kürzeren Zeiträumen nicht so krass sind, wie ich das aus der Beratung mitgenommen habe. Natürlich kann man empfindliche Verluste einfahren, jedoch sind gute Gewinne wahrscheinlicher. Ein Risiko von empfindlichen Verlusten von grob 10 bis 15 % Eintrittswahrscheinlichkeit finde ich durchaus verkraftbar, angesichts der üppigen Rendite, die man mit 70 % Eintrittswahrscheinlichkeit erhält.