Oberflächliche Werbung

Von Werbung bekomme ich einigermaßen wenig mit. Fernsehn schaue ich nie aktiv, Radio höre ich nicht. Im Internet habe ich einen Blocker. Da bleibt vor allem die Plakatwerbung. Und da sehe ich in letzter Zeit nur extrem oberflächliches Zeug.

Vielleicht liegt es daran, dass inzwischen das Marketing von der restlichen Entwicklung, Produktion und Verkauf getrennt ist. Früher war das anders. Daher müssen sich die Werbeagenturen irgendwie etwas ausdenken, was aber mit dem Produkt nichts mehr zu tun hat. Oder es liegt daran, dass die Produkte eigentlich gar keine sind.

Beispiel bei den Zigaretten. Da gibt es so tiefgehende Slogans wie:

Will the world know your name?

Warum ist Werbung in Deutschland jetzt in Englisch? Ist das cool? Ist das hip? Vielleicht möchte man damit auch die junge Generation ansprechen. Die, die noch nicht körperlich süchtig nach Krebsstängeln sind.

Neben dem Slogan sitzt ein verhipsterter Typ. Wenn die junge Generation damit angesprochen werden soll, so zielt es vielleicht genau auf den Konflikt der Pubertät: Wie kann ich dazugehören und gleichzeitig individuell sein? Damit „die Welt" den Namen kennt, soll also Rauchen helfen. Wäre das nicht die Botschaft, hätte sie nichts mit Zigaretten zu tun.

Schlussfolgerung soll also sein, dass man mit Rauchen bekannt wird. Die Welt erfährt, wer man ist, wenn man die Kippen kauft und sich die Gifte in seinen Körper saugt. Wenn man sich freiwillig in diese Sucht gibt, dann glaubt man sicher auch, dass es einen bekannt macht. Was für ein Schwachsinn.

Ein anderer Slogan bei den Zigaretten ist

Don\'t be a maybe.

Ähm, was soll das denn sein? Wahrscheinlich geht es nicht um das Maybe Monad in Haskell. Muss man ein klares Ja-Wort zum Rauchen abgeben? „Sag mir, dass du die Sucht annimmst und an dein Lebensende behältst. Sag mir, dass du jeden Tag eine Schachtel Sondermüll in dich reinziehst, deine Kleidung und dein Atem stinkt und nie aufhörst."

Mir fällt das da eigentlich ganz einfach. Wenn ein „Vielleicht" nicht erwünscht ist, kann ich gerne „Nein" sagen. Ist nicht schwer. Jetzt bin ich kein „Maybe". Oh ja, ich fühle mich jetzt gut!

Ansonsten gibt es noch den hier:

You decide.

Toll. Man könnte auch „Du kannst lesen." auf ein Schild schreiben. Wäre ähnlich aussagekräftig. Wahrscheinlich soll es einreden, dass man es täglich selbst in der Hand hat, sich für oder gegen das Rauchen zu entscheiden. So, als hätte man gar keine Sucht, sondern das ganz bewusst unter Kontrolle. Und dann ist es ja nicht mehr schlimm.

Aber mal weg von den Krebsstängeln. Bei McFit habe ich ein Schild vor einer Filiale gesehen:

McFit. Einfach gut aussehen.

Das richtet sich also genau an diese oberflächlichen Leute, die nur ins Fitnessstudio gehen, damit sie von vorne am Oberkörper besser aussehen. Das sind dann auch immer die, die vollkommen bescheuert trainieren. Dicke Muskeln sind nicht direkt beweglich. Mir ist es wichtiger, beweglich zu sein, als irgendwie wie ein unproportionaler Schrank auszusehen. Im Slogan ist nichts davon, nur das Aussehen.

Man kann das jetzt verschieden lesen:

  • Nicht groß anstrengen, einfach gut aussehen.
  • Einfach gut aussehen ohne Kompromisse.
  • Einfach gut aussehen ohne Parkplatzsuche, seltsamen Óffnungszeiten oder wenig Filialen.

Aber eigentlich sehe ich da nur: „Boa Alter, geh\' mir nicht mit Technik oder Beweglichkeit oder so Kram auf den Geist, ich will einfach gut aussehen.". Und genau das wird die Zielgruppe dort sein.

Bei Autos ist es teilweise auch ziemlich furchtbar. So gibt es den hier:

200 PS und nicht groß darüber reden

Bei 200 PS fühle ich mich ja direkt richtig männlich. Damit kann ich auf der Autobahn so richtig zeigen, wo der Hammer hängt. Und das mit einem Familienauto, wo es eigentlich keiner erwartet. Das ist ein Wolf im Schafspelz. Wirklich clever, sowas muss ich haben.

Allerdings steht man damit doch genauso im Stau, wie mit allem anderen auch. Viele Autobahnen sind wegen Straßenschäden auf 120 begrenzt. Mit einem langen Familienauto findet man auch noch schwerer einen Parkplatz. Also letztlich ist das alles ziemlich unpraktisch. Aber immerhin klingt es erstmal richtig männlich.

Ansonsten gibt es so eine Computerfirma, die damit wirbt, dass ihre Rechner „alles können, was Du für Dein Studium brauchst". Das mag ja für einen Studiengang stimmen, in dem man nur so Soft-Science macht. Ich kann allerdings nicht so recht verstehen, wie man als Physiker ernsthaft mit einem Mac arbeitet. Das machen aber erstaunlich viele. Jetzt in der Praktikumsauswertung habe ich gesehen, dass die Leute mit dem Mac echt am schlimmsten dastehen. Programme wie GNU Octave, Python + SciPy oder Gnuplot sind ziemlich schwer zu installieren. GNU Octave installiert einfach eine virtuelle Maschine mit Linux, wo Octave schon installiert ist. Da muss man nichts mehr zu sagen.

Aber gut, dass man einen völlig überteuerten Rechner gekauft hat, mit dem man dann doch weniger machen kann.

Kurzum: Werbung scheint wirklich den Bodensatz der Unwissenden abschöpfen zu wollen. Der Rest ist vielleicht einfach resistent gegen Werbung?