Vom ePA, Giropay und sonst so

Für meinen nächsten Arbeitsvertrag brauchte ich ein Führungszeugnis, Belegart O. Beim meinem letzten Führungszeugnis bin ich noch zum Justizministerium hier in Bonn gefahren und wollte das beantragen. Das kann man da aber nur unter ganz bestimmten Umständen machen, ich jedenfalls nicht. Diesmal wusste ich das besser, also direkt zur Stadt Bonn.

Da ich ungerne unnötig lange in einem Raum voller Leute mit nervigen Handyklingeltönen, zuhause vergessenen Kopfhörern und mangelndem Gespür die für Ausmaße ihres Rucksacks in einer Wartehalle sitze, habe ich mir online einen Termin geben lassen. Irgendwie sind alle Termine in der nahmen Zukunft immer vergeben, also den ersten Termin in so vier Wochen genommen. Gut, dass ich mit dem Beschaffen der ganzen Unterlagen schon so früh angefangen habe.

Auf der Seite der Stadt Bonn wurde aber auch an jeder Stelle darauf aufmerksam gemacht, dass man das Führungszeugnis doch auch mit dem neuen elektronischen Personalausweis (ePA) beantragen könnte. Vielleicht ist das also gar nicht so eine schlechte Idee? Ich hatte ja jetzt vier Wochen Zeit das mal auszuprobieren und wäre noch immer schneller gewesen als persönlich dort hin zu gehen.

Um irgendwas mit ePA zu machen, braucht man aber ein Lesegerät dafür. Früher gab es irgendwie so eine furchtbare Software in Java geschrieben, die dann auch noch das original Oracle JRE brauchte. Aber das hat sich ja vielleicht inzwischen geändert. Es gibt eine Android App! Android ist ja mein Betriebssystem der Wahl um allen möglichen proprietären Scheiß zu installieren, also ist das auch perfekt für diese ePA App.

Diese App findet man im Google Play Store, heißt »AusweisApp2«. Besonders vertrauenserweckend war allerdings der Hausgeber »Goverikus GmbH« nicht. Ich hätte da irgendwas ziemlich offiziell klingendes erwartet. Und vielleicht irgendwie eine besondere Beglaubigung durch Google dass das etwas vom Deutschen Staat ist. Schließlich will ich ja auch die richtige App auf meinem Endgerät voller ungeschlossener Sicherheitslücken installieren! Ein wenig geschaut, auf den Seiten des BSI fällt auch dieser Firmenname. Wird also schon stimmen.

Mein Telefon hat aber kein NFC. Also ging das nicht. Kein Problem, ein Kollege hat so ein riesiges Samsung Ding. Das wird doch bestimmt gehen. Mit dem Gerät kam ich einen Schritt weiter, jedoch unterstützte das Teil kein »Extended Length« bei NFC. Wird sicher daran liegen, dass das Galaxy Note 3 so ein Billigteil ist, ordentliche Telefone hätten das bestimmt eingebaut. Zuhause mal mit dem Nexus 10 Tablet ausprobiert, auch kein »Extended Length«. Verdammt.

Dann komme ich wohl um ein richtiges Lesegerät nicht mehr herum. Diese »Basisleser« gab es irgendwann doch mal kostenlos in der Computer-Bild. Und ich hatte so 10 EUR im Kopf. Auf der Seite des BSI findet man eine ganze Sammlung an Geräten, die alle nicht mehr hergestellt werden. Und die, die man noch kaufen kann, waren alle so bei über 20 EUR. Aber gut. Ich wollte ja nicht wieder ewig in dieser Wartehalle sitzen. Dann habe ich mir so einen kleinen USB Stick mit ePA-Lesegerät bestellen wollen.

Der Onlinehändler hat mir ganz viele Zahlungsmöglichkeiten zur Auswahl gegeben:

  • Vorkasse
  • Sofortüberweisung
  • Giropay
  • Kreditkarte
  • Paypal
  • Rechnung (Klarna)

Nun gehen wir die mal durch: Vorkasse wollte ich nicht, das verzögert den Bestellprozess wieder einen ganzen Tag, weil die Banken irgendwie noch einen Tag für eine SEPA Überweisung brauchen. Das war also nicht meine erste Wahl.

Kreditkarte wollte ich dann nehmen. Aber dann ist der Versand plötzlich zwei Euro teurer geworden? Im Ernst? Wobei ich den Händler schon verstehen kann, schließlich muss er die Gebühren von seiner Marge zahlen. Wirklich cool ist das auch nicht. Bei PayPal und Rechnung über Klarna war es das gleiche.

Also bleibt noch Sofortüberweisung und Giropay. Sofortüberweisung entspricht nicht so meiner Vorstellung, insbesondere weil es wohl auch gegen die AGB der Bank verstößt. Man gibt dort die Zugangsdaten für sein Onlinebanking ein. Dann loggen die sich für einen bei seiner Bank ein und machen eine Überweisung fertig. Man bekommt dann die nötigen Infos angezeigt, um eine TAN zu generieren. Diese gibt man dann an die Sofort GmbH weiter und dann ist die Überweisung ausgeführt. Die Sofort GmbH meldet dann dem Händler, dass die Überweisung raus ist (und online-bedingt auch kein Rückzug möglich ist). Der Händler schickt die Ware sofort los. Klingt gut, aber es wäre auch theoretisch möglich die ganzen Umsätze oder sonstigen Daten einzusehen. Hat ein TüV Prüfsiegel, aber so richtig traue ich dem ganzen nicht.

Also Giropay! Das ist das gleiche, allerdings eine offizielle API der Banken. Genau das haben wir gebraucht. Das Problem ist allerdings, dass ich das mit meinem Konto gar nicht nutzen kann. Die Bank hat da ihr eigenes Süppchen. Das hat aber der Händler nicht. Ganz großes Kino. Ich habe noch ein Konto bei einer anderen Bank. Das unterstützt Giropay, da gab es aber irgendwie einen Fehler bei der Anmeldung.

Resigniert und genervt habe ich dann einfach Vorkasse gemacht. Der Händler ist bei der gleichen Bank wie ich, daher war das Geld dann doch sofort da, auch ohne merkwürdige Dienstleister dazwischen. Es ist irgendwie etwas ironisch, dass er Giropay anbietet aber nicht das Süppchen seiner eigenen Bank. Muss ich ja nicht verstehen.

Das Paket ist dann irgendwie noch hier und da stecken geblieben, Versand mit DHL an die Packstation hätte nochmal ordentlich Aufpreis gekostet. So wurde es dann an meine Nachbarn geliefert. Die waren aber nicht da, als ich dann da war. Wie auch immer, irgendwann hatte ich das Teil dann endlich zuhause.

Es gibt Treiber für den Stick für Ubuntu, man muss sich da erstmal einen PPA ins System holen und dann geht das. Unter Fedora nützt mir das wenig. Aber das ist auch egal, schließlich gibt es die App für den ePA nur für Betriebssysteme, die über 5% Marktanteil haben. Wahrscheinlich meinen die auf privaten Rechnern, im Rechenzentrum ist Linux noch ziemlich stark. Jedenfalls haben die ein Programm, das mit C++, Qt und CMake geschrieben ist, und es läuft nur unter Windows und macOS? Das muss man auch erstmal schaffen. An dieser Stelle kann ich eigentlich gar nicht laut genug fluchen, aber das nützt ja nichts.

Also habe ich meinen Windowsrechner gestartet. Oktacore und 16 GB RAM sollten ja auch genug sein, für den Fall das das wieder Bloatware geworden ist. Dort den Kram installiert und es klappte auch direkt, sogar ohne Neustart.

Auf der Seite der Justiz habe ich mich dann ziemlich umständlich durchgeklickt und konnte dann wirklich ein Führungszeugnis beantragen. Dort steht nirgendswo »Belegart O«, so dass man erstmal im Internet herausfinden muss, was es eigentlich damit auf sich hat. Das verrate ich jetzt aber nicht, sonst wäre es ja zu einfach. Das Teil kostet dann 13 EUR, die man entweder mit Giropay oder Kreditkarte bezahlen kann. Ich habe dann Kreditkarte genommen, das funktioniert wenigstens.

Jetzt habe ich so ein ePA Lesegerät und bin doch etwas frustriert, wie wenig ich damit wirklich machen kann. Schon vor sechs Jahren habe ich einen Personalausweis bekommen, der das unterstützt. Aber da scheint nicht so wirklich viel passiert zu sein. Bei den beiden Banken, wo ich neulich ein Konto eröffnet habe, hatten die so Identifikation per Webcam. Man hält da seinen Ausweis ins Bild und dann identifizieren die einen. Dauert ungefähr fünf Minuten, beschäftigt eine Person im Callcenter. Hätte man auch einfach in wenigen Sekunden mit ePA haben können, aber da hat ja keiner ein Lesegerät weil es keiner nutzt weil keiner ein Lesegerät hat weil man das nirgendwo nutzen kann.

Ab 2018 dürfen Einzelhändler kein Zahlungsmittelentgeld mehr berechnen. Es dürfen mir als Kunde also keine Extrakosten entstehen, nur weil ich über einen bestimmten Dienst bezahlen möchte. Klingt ja erstmal gut. Aber ich finde das überhaupt nicht lustig. Schließlich nehmen Dienstleister wie PayPal oder die Kreditkartengesellschaften einen spürbaren Anteil des Betrages als Provision. Damit hat der Händler weniger. Kann er diese Kosten nicht mehr an den Kunden weitergeben, so muss er als Mischkalkulation die Preise alle erhöhen. Wenn ich also per Vorkasse bezahle, so zahle ich das gleiche wie per PayPal. Und dann darf ich noch einen Tag warten, weil die Banken da so lahm sein dürfen.

Das führt dann entweder zu einer allgemeinen Preiserhöhung oder dazu, dass die teuren Dienste nicht mehr angeboten werden. Allerdings glaube ich eher an ersteres. Schließlich will man ja keine Kunden vergraulen, nur weil sie mit PayPal zahlen wollen. Vor allem aber hat der Kunde somit gar keinen Anreiz mehr, einen günstigen Zahlungsdienstleister zu wählen. Er wählt den bequemsten. Wenn dem Händler die Provision zu hoch ist, dann wird der Kunde einfach zu einem anderen Händler gehen, der das Zahlungsmittel annimmt. Momentan gibt es ja wenigstens noch ein wenig den Anreiz per Vorkasse zu zahlen, damit man weniger Kosten hat.

Aber eigentlich entlarvt das ganze ein anderes Problem: Die SEPA Überweisungen dauern einfach zu lange. Warum ist es eigentlich so schwer, von einer Bank zur anderen das Geld innerhalb von einer Minute zu überweisen? Durch diverse Richtlinien darf das jetzt nur noch einen Werktag dauern, was schon mal eine Verbesserung ist. Denn wenn die kostenlose Überweisung sofort geht, dann bräuchte es die Sofortüberweisung nicht. Es bräuchte auch das Giropay und das PayDirect nicht. Eigentlich ist das schon hart lächerlich, dass die Banken bei den SEPA Überweisungen einen Tag brauchen und dann selbst das Giropay anbieten, bei dem zwar auch die Überweisung einen Tag braucht, jedoch der Händler sofort eine Benachrichtung bekommt. Und bestimmt kostet Giropay auch den Händler wieder Geld, wenn auch etwas weniger als PayPal.

Mir wäre es deutlich lieber, wenn der Gesetzgeber nicht die Berechnung von Zahlungsmittelentgeldern (Symptom) unterbunden hätte, sondern die Ausführungsdauer einer SEPA Überweisung (Problem) drastisch verkürzt hätte. Aber das wäre ja zu einfach gewesen. Wahrscheinlich wären dann diverse Arbeitsplätze bei PayPal, Sofort GmbH, Giropay, PayDirect und den Kreditkartenunternehmen in Gefahr gewesen.